Der Nationalrat diskutierte am Mittwoch erneut auch das "Don't-smoke"-Volksbegehren, das vergangenes Jahr von mehr als 880.000 Personen unterstützt worden ist. Dass dabei ein Oppositionsantrag für ein allgemeines Rauchverbot in der Gastronomie eine Mehrheit findet, ist mehr als unwahrscheinlich.
Zur Abstimmung kam ein Antrag, mit dem die Gesundheitsministerin aufgefordert wird, mit den Landesjugendreferenten über einen umfassenden Schutz von Kindern und Jugendlichen in Raucherbereichen zu verhandeln. Solches hatten ÖVP und FPÖ nämlich versprochen, obwohl der Bund dafür gar nicht zuständig ist. Gestern verweigerten sie auch ihre Zustimmung zu diesem Antrag, er blieb in der Minderheit. Damit wurde von der türkis-blauen Parlamentsmehrheit das Don't-smoke-Volksbegehren endgültig zu Grabe getragen.
SPÖ-Parteiobfrau Pamela Rendi-Wagner hat ihre Funktion als Gesundheitssprecherin im Parlament abgegeben. Sie will sich offenbar verstärkt auf ihre Führungsrolle in der Partei konzentrieren. Der 37-jährige Kärntner Abgeordnete Philip Kucher hielt seine Jungfernrede in der neuen Funktion.
Kucher, der unter anderem ehrenamtlicher Bezirksstellenleiter des Roten Kreuzes Klagenfurt ist, hatte sich schon zuletzt durch Reden im Nationalrat zum Nichtraucherschutz in diesem Bereich profiliert, und er nahm am Mittwoch einen neuen Anlauf. Wie er bezogen sich auch andere Abgeordnete auf die inzwischen bereits vier Expertenrunden, denen sich das Parlament unterzogen hat:
- Jeden Tag werden laut Experten vier Kinder und Jugendliche im Spital wegen schwerer Asthmaanfälle behandelt.
- Täglich sterben in Österreich drei Menschen an den Folgen des Passivrauchens.
- 13.000 Österreicherinnen und Österreicher pro Jahr sterben an den Folgen von Nikotinmissbrauch, inklusive der Opfer des Passivrauchens.
Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ) hätten sich dazu entschlossen, die Experten zu ignorieren, bis hin zu der Aussage: "Wir trauen nur Statistiken, die wir selbst gefälscht haben."
Wenn ÖVP und FPÖ schon selbst nicht den Mut dazu hätten, einen Irrtum einzubekennen, dann sollten sie wenigstens die Österreicherinnen und Österreicher darüber entscheiden lassen, von denen knapp 900.000 für das "Don't-smoke-Volksbegehren" gestimmt hätten. Kucher wandte sich direkt an FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein: "Sie hauen ja sonst auch öfter auf den Tisch, und das ist gut so. Ich wünsche Ihnen bei diesem Thema mehr Mut auf für Ihr Auftreten in den eigenen Reihen."
Daniela Holzinger-Vogtenhuber geht es "wie den fast 900.000 Menschen, die das Volksbegehren unterschrieben haben", umgeben von "einer trotzigen und ignoranten Haltung um sie herum". Sie nannte weitere Fakten aus den Sitzungen mit den Experten:
- 80 Prozent der untersuchten Mischbetriebe wiesen auch in den Nichtraucher-Bereichen eine um fünf bis zehn Prozent erhöhte Feinstaubbelastung im Vergleich zur Außenluft auf.
- In 74 Prozent der Betriebe werde das Gesetz gar nicht eingehalten, es gebe de facto keinen Nichtraucherschutz. "Wie können Sie hier sitzen und tatenlos zusehen, wie eine Praxis, die nicht funktioniert, verlängert wird?"
- Die Regierung habe den Schutz von Kindern und Jugendlichen versprochen, könne das aber nicht umsetzen, weil es gar nicht in ihrer Kompetenz liege. Daher auch der - abgeschmetterte - Entschließungsantrag.
Gerald Loacker (Neos) kritisierte, dass ÖVP und FPÖ keine Fakten aufzuweisen hätten, sondern nur Familiengeschichten und persönliche Erfahrungen. Dem setzte dann FP-Mandatar Peter Wurm doch noch etwas entgegen:
- Österreich habe das Rauchverbot verschärft, insbesondere den Kinder- und Jugendschutz.
- Österreich liege mit der Zahl der Raucher im EU-Durchschnitt, es gebe keine Studien, die einen Zusammenhang zwischen der Zahl der Raucher und der Sterblichkeitsrate belegten.
- Und: Studien zu den Schäden bei Passivrauchen seien nicht evidenzbasiert sondern nur mathematisch errechnet. "Die Leute werden nicht befragt."
Claudia Gigler