Dienstagabend, ein halbdunkles Separee in einem Wiener Innenstadtlokal: Umgeben von einem Dutzend Medienjournalisten führt ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz aus, was die aus Regierungskreisen kolportierten Reformen des Öffentlich-rechtlichen faktisch bedeuten würden. Wrabetz wirkt müde, nach einer guten Stunde ist die Stimmung im Raum merklich gedrückt: Es ist ein düsteres Bild, das der langjährige kaufmännische Leiter und seit 2007 Generaldirektor des ORF zeichnet.
Es sind im Wesentlichen zwei Szenarien, die Wrabetz referiert: Einerseits eine Abschaffung der Rundfunkgebühren und Finanzierung des ORF aus dem Bundesbudget. Anderseits eine drastische Kürzung der Gebühren. Oder, für Wrabetz am schlimmsten: Eine Kombination aus beidem. "Man würde ein gut funktionierendes Unternehmen in der Substanz gefährden", sagt Wrabetz zu solchen Reformplänen.
Die Abschaffung der Gebühren samt Umstellung auf Finanzierung aus dem Budget würde einerseits mit "massiver politischer Einflussnahme" einhergehen, sagt Wrabetz: Wo immer das in in Europa passiert sei - etwa in Dänemark oder den Niederlanden - sei mehr Staatsnähe die Folge gewesen. "Es ist einfach nicht vernünftig, dass der ORF-Chef mit Ministern verhandeln muss, wie viel Geld er bekommt: Am Schluss streitet man dann, werden zwei Panzer mehr gekauft oder wird das Filmbudget des ORF erhöht."
Andererseits warnt Wrabetz vor einer deutlichen Kürzung des Programmanteils der Rundfunkgebühr: Eine "massive Reduktion der Einnahmen" des ORF hieße "weniger Programm und weniger Programmvielfalt". Sollten, wir teilweise kolportiert, bis zu 200 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen sei der Angebotsumfang des ORF substanziell nicht aufrechterhaltbar.
Außerdem käme es zu einem drastischen Personalabbau: "Man kann es ja relativ leicht umrechnen - eine Million weniger Einnahmen sind rund 15 Beschäftigte weniger im ORF. 100 Millionen hieße grob gesprochen 1.500 Leute weniger." Auch die Regionalberichterstattung sei dann gefährdet: "Wenn das 150 Millionen Euro weniger sind, dann wird's auch nicht mehr neun Landesstudios geben können."
Eine reine übernahme der Gebühren in das Bundesbudget hieße Wrabetz zufolge eine Belastung für selbiges von rund 900 Millionen Euro (obwohl der ORF nur 620 Millionen davon bekommt):
Sparen sei im ORF schon seit Jahren an der Tagesordnung. Zum einen gelte es seit bald 20 Jahren, den kontinuierlichen Rückgang der Werbeeinnahmen zu kompensieren, zum anderen sei das Programmentgelt "relativ deutlich unter der Inflation" angepasst worden. "Die Einnahmen des ORF sind real seit 2005 gesunken."
Wrabetz hofft auf ein bedächtiges Agieren der Politik.
Georg Renner