Seit Wochen ist er fix als Frontmann der Grünen im EU-Wahlkampf, doch gewählt wurde er erst heute, Sonntag: Um 10 Uhr startete in der Wiener Ankerbrotfabrik der Grüne Bundeskongress, und um ca. 10.30 Uhr sollte laut Plan eigentlich der Steirer Werner Kogler die Seinen in (Wahlkampf-)Schwung reden. Da der Kongress mit Verspätung startete, verzögerte sich aber auch Koglers Rede etwas. Gegen 11 Uhr war es schließlich soweit.
Und Kogler kam in seiner insgesamt knapp eine Stunde dauernden Rede rasch in Fahrt. Gleich zu Beginn verteidigte er Wien als "eine der lebenswertesten Städte der Welt". Ganz klar stand auch im weiteren Verlauf der Rede der Widerstand gegen rechte Politik im Zentrum. Werner Kogler: "Stärke durch Zusammenhalt, nicht Schwäche durch Spaltung. Für das stehen die Grünen."
Kogler rechnet mit einer "europaweiten Bewegung gegen rechte und nationalistische Politik". Die Grünen wollen "Teil davon sein". Und das, obwohl man "kein Geld und wenig Mitarbeiter" habe. Dafür, so Kogler, hätte man "Herzblut und Überzeugung."
Auch das zweite zentrale Thema Koglers war ein eigentlich "urgrünes": der Kampf um Klimaschutz. "Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt", ließ der Spitzenkandidat wissen. Und gab das Motto vor: "Machen wir diese Wahl zu einer Klima-Wahl!"
Kogler kritisierte diesbezüglich auch die österreichische Bundesregierung für Versäumnisse: "Das ist Unterlassungstäterschaft, nicht weniger werfen wir der türkis-blauen Bundesregierung vor." Er frage sich, wie es dazu kommen könne, "dass wir so einen jungen Kanzler haben, der so zukunftsvergessen ist".
Bei der anschließenden Abstimmung wurde Kogler mit 98,63 Prozent der abgegebenen Stimmen als Nummer Eins bestätigt.
Sarah Wiener auf Platz Zwei
Schon zuvor war klar: Die grüne EU-Abgeordnete Monika Vana verzichtet entgegen ursprünglichen Absichten darauf, beim Bundeskongress für den zweiten Platz auf der Wahlliste der Grünen zu kandidieren. Sie begründet dies mit dem Wunsch nach Einigkeit und Geschlossenheit und will sich nun um Platz 3 bewerben.
Für die prominente Köchin Sarah Wiener war damit der Weg frei, sich ohne große Konkurrenz für den zweiten Platz hinter dem Spitzenkandidaten und Parteichef Werner Kogler aufstellen zu lassen. Am Bundeskongress bekam sie großen Zuspruch und ein Votum von 94,95 Prozent.
Ziel: "Drei Mandate, mindestens"
In Ihrem Auftritt betonte sie zuvor ihre Freude über die "die große Breite" der Grünen Bewegung. Es sei ein "buntes Beet, wo so ein kleines Wildkraut wie ich seinen Platz findet".
Wiener begründete ihre Kandidatur für die Grünen damit, dass diese "ja wohl die einzige Bewegung sind, wo es wirklich um den Menschen geht". Sie könne sich nicht vorstellen, dass so eine Partei nicht im EU-Parlament sein könnte oder nur knapp auf einem halben Fuß. "Ich finde sowieso, unser Ziel muss sein, drei Mandate mindestens."
Stehende Ovationen für Michel Reimon
Der bisherige Mandatar Michel Reimon tritt dafür bei der kommenden Wahl nicht mehr an. Am Sonntag durfte er trotzdem noch einmal auftreten und wurde von der Partei dabei mit stehenden Ovationen gefeiert. Man stehe, so Reimon, vor einer "extrem wichtigen Wahl". Seine Zusammenfassung: "Die Rechten sind das Problem - und der Werner ist die Lösung".
Für Platz 4 bewirbt sich der Steirer Thomas Waitz, der derzeit im EU-Parlament vertreten ist. Er übernahm das Mandat von Ulrike Lunacek, als die Spitzenkandidatin im letzten Nationalratswahlkampf das Mandat zurücklegte.
In Umfragen liegen die Grünen derzeit bei rund neun Prozent Stimmanteil. Bei der Wahl 2014 hatten sie noch den Rekordwert von 14,5 Prozent und damit drei Mandate geschafft.