Der Europarechtler Walter Obwexer widerspricht der Ansicht, der mit der neuen Karfreitagsregelung verbundene Eingriff in den Generalkollektivvertrag wäre EU-rechtswidrig. Vielmehr komme Österreich damit seiner unionsrechtlichen Verpflichtung nach, und er verwies auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom September 2018.
Demnach verfügen die Kollektivvertragsparteien - im Rahmen ihrer Tarifautomonie - zwar über ein weites Ermessen. Aber sie müssen das Unionsrecht beachten. Und die Mitgliedsstaaten seien verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass dem Gleichheitsgrundsatz widersprechende Bestimmungen für nichtig erklärt oder geändert werden, erläuterte Obwexer das EuGH-Urteil.
Wenn der österreichische Gesetzgeber nun vorschreibe, dass die gleichheitswidrige alte Regelung - mit dem Karfreitags-Feiertag nur für Evangelische und Altkatholiken - nicht mehr angewendet werden darf, komme er seiner unionsrechtlichen Verpflichtung nach. Aber er greife nicht unverhältnismäßig ein in das Grundrecht, Kollektivverträge zu verhandeln, befand Obwexer.
Der Arbeitsrechtler Franz Marhold von der Wiener Wirtschaftsuniversität sah dies am Mittwoch - mit Hinweis auf EuGH-Urteile zu Türkei und Deutschland - anders: Die Sonderregelungen in den Kollektivverträgen müssten zwar geändert werden. Dies müssten aber die Kollektivvertragspartner - also Gewerkschaft und Wirtschaftskammer - vornehmen. Erst wenn sie scheitern, sei ein Gesetz zulässig.