Sie ziehen mit Starköchin Sarah Wiener in die EU-Wahl. Wie wollen Sie beide den Wählern die Grünen wieder schmackhaft machen?
Werner Kogler:Sarah Wiener tritt seit Jahren für Tierschutz, giftfreie Böden und den Schutz heimischer Bauern ein. Ich werde mich für Klimaschutz mit allen Zukunftschancen für unsere Wirtschaft reinhauen, gegen Konzernprivilegien in Handelsverträgen und für Steuergerechtigkeit zugunsten der Kleinunternehmen. Gemeinsam wollen wir ein Europa, das Klima und Umwelt schützt. Da sind die Grünen die Einzigen. Ebenso beim Lebensmittelsystem – aus einem kranken System kann kein gesundes Lebensmittel kommen. Das ist unser Auftrag und da wird’s „tscheppern“.

„Getscheppert“ hat es auch bei der letzten Nationalratswahl ...
Die grüne Seele existiert weiterhin, deshalb war dieser Betriebsunfall gar nicht so dramatisch. Wir sind ja außerdem in fünf Landesregierungen und in den wichtigsten Städten vertreten.

Sie nennen das Ausscheiden Ihrer Partei aus dem Parlament einen Betriebsunfall?
Das war ein Patschn, aber wir sind wieder aufgestanden. Sie kennen ja den Spruch: Hinfallen, aufstehen, weitergehen.

Da fehlt jetzt aber noch das „Krone richten“.
Das ist nicht mein Stil, für Feudalismus sind andere zuständig.

Wie schwer fällt Wahlkampf, wenn man als außerparlamentarische Partei kaum vorkommt?
Wahlkampf ist nichts Schlimmes, es ist die Essenz der Demokratie. Unser Nachteil ist, dass wir tatsächlich kaum Ressourcen haben. Weniger Marie, mehr Herzblut. Daraus muss man das Beste machen. Die Europawahl ist zudem erstmals mit innenpolitischen Fragen verbunden. Türkis-Blau zieht ein falsches Spiel ab. Die ÖVP tut, als wäre sie proeuropäisch, doch das Gegenteil ist der Fall. Damit sind nicht fünf, sondern vier proeuropäische Parteien im Rennen. Wobei ich bei SPÖ und Neos auch nicht immer sicher bin, was die vorhaben.

Sie haben die Grünen als Trümmermann übernommen, jetzt wollen Sie nach Brüssel. Lassen Sie Ihre Partei, die sich gerade erst aufrappelt, im Stich?
Das Europäische Parlament ist für die Grünen immer wichtig gewesen. Und in einer Zeit mit knappen Ressourcen setzen wir jetzt tatsächlich alles auf eine Karte. Wir wollen beweisen: Die Grünen kommen zurück, aber nicht aus Selbstzweck, sondern weil sie gebraucht und gewollt werden. Wir starten bei vier Prozent, da muss man ehrlich sein und nicht naiv. Aber wir werden das Beste daraus machen. Und wenn man ins EU-Parlament geht, verschwindet man ja auch nicht in den Katakomben von Straßburg. Zudem haben wir viele neue Leute geholt und es werden noch mehr dazukommen.

Sie befürchten also nicht, dass mit Ihnen das einzig bekannte Gesicht geht?
Ich gehe ja nicht weg. Zwei Jahre lang werde ich einmal Parteichef bleiben und dann werden wir sehen, wie es weitergeht. Zudem haben wir viele neue, hervorragende Leute geholt und es werden noch mehr.

Wie viel Zeit wollen Sie in Straßburg verbringen, wie viel hier?
Das hängt von den Fahrplänen ab, ich fahre ja so viel wie möglich mit dem Zug. Natürlich will man die Plenartage absolvieren, ich strebe aber nicht an, in alle wichtigen Ausschüsse zu gehen.

Ihr ehemaliger Parteikollege Johannes Voggenhuber ist ebenfalls in den EU-Wahlkampfring gestiegen. Bereuen Sie, dass die Grünen sich ihn zum Feind gemacht haben?
Er ist ein Mitbewerber mehr. Aber da gibt es nichts zu bereuen. Ich sehe nämlich keine Feindschaft. Ich sehe nur Feinde Europas, Feinde der europäischen Werte und der Demokratie. Und genau da müssen wir jetzt alle etwas tun.

Voggenhuber hat Ihnen eine Allianz angeboten, Sie haben abgelehnt. Hätte das nicht Ihre Chancen erhöht?
Es kann kein Angebot sein, wenn die Grünen nicht am Stimmzettel vorkommen. Offen gestanden war da nichts zum Ablehnen in den Gesprächen, zu denen ich mehrmals eingeladen habe. Und wenn ich die zahlreichen Zuschriften an mich auswerte, dann herrscht bei den Menschen der Eindruck, dass das ein egozentrisches Ein-Mann-Projekt ist, gesponsort vom Geld der Pilz-Partei. Ich bin da in der Einschätzung großzügiger, aber ja, die Grünen kandidieren als Grüne. Im Übrigen habe ich mit – und das ist das einzige Mal, wo ich seinen Namen nenne – Johannes Voggenhuber eine aufrichtige und aufrechte Gesprächsbasis.

Wo werden Sie sich in Brüssel Allianzen suchen?
Wir Europäischen Grünen werden im Europaparlament sogar zulegen. Wir führen zudem immer wieder gute Gespräche mit den Liberalen, aber bei Themen Ökologie, Wirtschaft und Handelsabkommen gibt es Unterschiede.

Welches Wahlziel haben Sie sich gesteckt? Sie haben gesagt, Sie starten bei vier Prozent.
Es ist mir noch vollkommen unklar, wie sich diese vielen Kandidaturen auswirken werden. Aber von den vier Prozent aus wollen Sie anständig zulegen. Es gibt ja eine Fünf-Prozent-Hürde und die wollen wir auf jeden Fall überspringen.