Am 75. Tag des Korruptionsprozesses gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und andere waren am Dienstag erstmals Zeugen am Wort. Damit wurde das Beweisverfahren eröffnet. Rund 160 wurden vorerst beantragt, weitere könnten dazu kommen. Den Reigen eröffneten zwei Mitarbeiter aus dem Kabinett von Grasser, am Mittwoch folgen dann seine ehemalige Assistentin und sein früherer Kabinettschef.

Als erster Zeuge sagte der frühere Kabinettsmitarbeiter O. aus, der detailreicht Auskunft gab, ohne bahnbrechende Neuigkeiten zu verraten. Er gab Einblick in die Bürokratie des Ministeriums und erklärte seine Eindrücke von der heutigen Angeklagten Walter Meischberger und Peter Hochegger. Zeugin S., die nach der Mittagspause folgte und neben Richterin Marion Hohenecker als erste Frau im Prozess aussagte, lieferte jedoch vorrangig nur einen Satz: "Dazu habe ich keine Wahrnehmung."

Der 75. Prozesstag zum Nachlesen

Der erste Zeuge wurde von Richterin Marion Hohenecker in den Saal gerufen und hat nun vor ihr genommen. Heute fehlen übrigens zwei Herren auf der Anklagebank: Ex-Meischberger Anwalt Gerald Toifl und der Schweizer Vermögensberater Norbert Wicki sind heute nicht im Saal.

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"Verbissener, zielstrebiger Kollege"

Die Befragung beginnt. Beim ersten Zeugen, Herrn O. aus Kärnten, handelt es sich um einen früheren Kabinettsmitarbeiter von Grasser. Er schildert, dass er damals im Kabinett - 2000 bis 2003 - für Bundesimmobilien zuständig war. Seine Erinnerungen an den umstrittenen Verkauf der Bundeswohnungen seien jedoch vage, da er beim damaligen Prozess nur am Rande involviert gewesen sei. Deutlich mehr kann der Zeuge über Michael Ramprecht sagen, ebenfalls ehemaliges Kabinettsmitlied. Ramprecht, der Grasser schwer belastet hat und noch vor Gericht aussagen wird, sei "ein verbissener, zielstrebiger, karrierebewusster Kollege" gewesen.

Richterin Hohenecker fragt sehr genau, der Zeuge antwortet ruhig. Unter anderem geht es um das Vorkaufsrecht Kärntens. "Kärnten hat ausschließlich auf Kärnten geschaut", erklärt der Zeuge. Die Schöffen sind wieder alle da und folgen aufmerksam den Ausführungen des Zeugen.

Grasser, seine Verteidiger und seine Ex-Vertrauten Meischberger und Hochegger.
Grasser, seine Verteidiger und seine Ex-Vertrauten Meischberger und Hochegger. © APA/ROLAND SCHLAGER/APA-POOL

Grassers "gute Freunde"

Die Richterin geht mit dem Zeugen seine Wahrnehmung zum Verhältnis Grassers zu seinen heutigen Mitangeklagten durch. Ex-Immobilienmakler Ernst Karl Plech sei "ein väterlicher Freund" Grassers gewesen, Meischberger "ein sehr guter Freund". Zum heute teilgeständigen Angeklagten Peter Hochegger habe er keine Wahrnehmung.

Die Richterin kaut mit dem Zeugen diverse Akten durch, geht ins Detail, wir erleben die Bürokratie eines Ministeriums.

Der Zeuge sorgt kurzfristig für verwunderte Blicke und Kichern im Saal. Die Richterin fragt ihn nach bestimmten Unterlagen, die habe er nicht, sagt O. "Oder haben's bei mir was gefunden?" Hohenecker: "Bei Ihnen hamma ja keine Hausdurchsuchung gemacht." Und darauf der Zeuge: "In dieser Sache nicht, nein." Das sei keine Fangfrage gewesen, erklärt Hohenecker und lächelt. "Das gilt für alle meine Fragen."

Richterin Marion Hohenecker geht auch heute wieder ins Detail.
Richterin Marion Hohenecker geht auch heute wieder ins Detail. © APA/ROLAND SCHLAGER

"Klingt sexy, eine Milliarde"

Kurz vor der Pause will die Richterin wissen, ob dem Zeugen die berühmte Zahl 960 Millionen etwas sagt. Ja, das sage ihm etwas. Aber das liege wohl am Prozess. Die vom Ministerium ursprünglich angestrebte Milliarde als Verkaufswert - "klingt sexy, eine Milliarde" - wäre "ein Riesenerfolg" gewesen. Doch wie wir wissen kam es anders, die Bundeswohnungen wurden um 960 Millionen Euro verkauft.

Und wieder will die Richterin den Eindrücke von O. zum Zweitangeklagten Meischberger auf den Grund gehen. Dieser habe sich "öfter als andere" mit dem Minister getroffen, er habe für den Minister auch die Pressearbeit gemacht, unter anderem die KMU-Tour "mit Spezialeffekten". Meischberger schüttelt energisch den Kopf. O. habe ihn in die "Schublade der PR" gesteckt.

Zum Terminal Tower habe er keine Wahrnehmung, er habe sich gewundert, dass dieses Thema überhaupt so groß wurde. Zur Erinnerung: Hier geht es um die Einmietung der Finanz in ein Bürogebäude am Linzer Bahnhof.

Richterin prescht durch

Die Richterin ist mit ihren Fragen am Ende, jetzt sind die beiden Staatsanwälte am Wort. "Können nicht viele sein", erklärt die Richterin. Schöffen, Angeklagte, Verteidiger und Beobachter haben übrigens noch keine Mittagspause bekommen, bis auf eine 10-minütige Zwischenpause zieht die Richterin heute zügig durch.

Es bleibt tatsächlich bei ein paar wenigen Detailfragen, die Privatbeteiligtenvertreter sind mit ihren Fragen an der Reihe. Dann folgen noch ein paar aus der Reihe der Verteidiger, dann darf O. gehen - und die Schöffen bekommen ihre Pause. Die Befragung des Vertreters der CA-Immo läuft nicht ideal, die Richterin muss nach fast jeder Frage eingreifen und den Vorhalt "richtig" stellen.

Bei einer Frage von Grassers Verteidigern sorgt O. noch einmal kurz für Lacher: In seinem Bericht sei "alles supersauber" gewesen. Damit zittert er den berühmten Sager von Grasser zur Causa Buwog.

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Erste Frau kommt zu Wort

Mit Zeugin S. nimmt die erste Frau im Buwog-Prozess vor Richterin Hohenecker Platz. Denn alle Angeklagten und alle Verteidiger sind männlich. S. war im Ministerium damals als Fachreferentin tätig- unter anderem für Glücksspiel. Die Richterin klopft mit S. deren Eindrücke von Grassers Arbeit im Ministerium ab, bevor sie zur Buwog kommt.

Hoffnungen, dass S. hier Informationen liefern könnte, werden bald enttäuscht. Der Buwog-Verkauf geschah vor ihrer Zeit. Sie wurde geladen, um über die Causa Terminal Tower zu sprechen. Sie erinnert sich, dass es damals "breite Ablehnung" der Belegschaft für den Umsiedelungsplan gegeben hatte. Als Hohenecker in die Tiefe gehen will, wiederholt sich eine Antwort der Zeugin immer wieder: "Dazu hab' ich keine Wahrnehmung."

Und wohl auch wegen dieser Dichte an Antworten ist Richterin Hohenecker auch schon mit ihren Fragen am Ende. Jetzt sind die Staatsanwälte an der Reihe.

Die Staatsanwälte Marchat und Denk
Die Staatsanwälte Marchat und Denk © APA/ROLAND SCHLAGER

Kommende Woche kommt Finanzstaatssekretär

Am Donnerstag ist dann eine stellvertretende Sektionsleiterin und ein weiterer Kabinettsmitarbeiter geladen. Der vorerst prominenteste Zeuge ist am 26. Februar der ehemalige Finanzstaatssekretär Alfred Finz (ÖVP).

Erörtert werden die Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog u.a.) und die Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower. Die Staatsanwaltschaft wirft Grasser, dem früheren FPÖ-Generalsekretär und Lobbyisten Walter Meischberger, dem ehemaligen Immobilienmakler Ernst Karl Plech und dem Ex-Lobbyisten Peter Hochegger einen Tatplan vor, um bei Privatisierungen der Republik unerlaubt mitzupartizipieren. Hochegger hat dazu ein Teilgeständnis abgelegt, alle anderen haben auf nicht schuldig plädiert.