Es ist auf den ersten Blick ein eher seltsames Thema, bei dem die SPÖ beschlossen hat, die Regierung frontal zu attackieren: der Kampf um die Verlängerung der Ökostrom-Förderung für feste Biomassekraftwerke. Die SPÖ hat, wie jüngst exklusiv berichtet, angekündigt, deren Beschluss kommenden Donnerstag im Bundesrat zu blockieren. Die türkis-blaue Koalition braucht dort dafür eine Zweidrittelmehrheit braucht, weil Energieangelegenheiten eigentlich auch von den Ländern zu regeln wären.
Diese Zweidrittelmehrheit gibt es aber derzeit knapp nicht gegen die SPÖ, die seit den letzten Landtagswahlen in Kärnten 21 der 61 Mandate hält. Die beiden verbliebenen Grünen im Bundesrat werden mit der Koalition stimmen.
Es wird das erste Mal sein, dass der Bundesrat ein Gesetz total verhindert. Passiert das, laufen in den nächsten Monaten nach und nach Förderungen für 47 Kraftwerke aus, die etwa bei Sturmschäden gefallenes Holz und andere Biomasse zu Energie verarbeiten. Überraschend: Das größte derartige Kraftwerk in Simmering gehört mehrheitlich der SPÖ-dominierten Stadt Wien.
SP-Energiesprecherin Duzdar: "Eine Scheinlösung"
Nun versucht die SPÖ seit Tagen zu erklären, warum sie bereits im Nationalrat Nein gesagt hat und auch im Bundesrat blockieren wird, um das Image des Biomasse-Verhinderers loszuwerden. Man sei nicht grundsätzlich gegen die weitere Förderung der Holzkraftwerke, der vorliegende Entwurf sei aber intransparent und „eine Scheinlösung“, sagt SPÖ-Energiesprecherin Muna Duzdar der Kleinen Zeitung. Es sei aber inakzeptabel, dass Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) nicht in die Gesetzesnovelle hatte schreiben lassen, wie hoch die künftigen Einspeisetarife für die Holzkraftwerke ausfallen werden.
Die Ministerin will das nachträglich per Verordnung festlegen. Derzeit macht ein Verordnungsentwurf die Runde, der je nach Anlagengröße Tarife zwischen 8,50 und 10 Cent je Kilowattstunde ins Netz gespeisten Strom vorsieht. Das wäre deutlich weniger als bisher, nämlich rund 10 bis 17 Cent. „Die ÖVP will die Kraftwerksbetreiber hinters Licht führen. Mit dieser Summe kann keiner überleben“, kritisiert Duzdar.
Zudem würden weniger als die Hälfte der 47 Kraftwerke die Effizienzkriterien von mindestens 60 Prozent Wirkungsgrad erfüllen, was Voraussetzung für eine Förderung sei. Köstinger bestreitet das. Zwar räumt man im Büro der Ministerin ein, dass wohl nicht alle 47 Anlagen über der 60-Prozent-Schwelle liegen: „Unsere Experten gehen aber davon aus, dass rund 90 Prozent das Ziel erreichen.“
Via Twitter hat Köstingers Kabinettschef Gernot Maier am Wochenende versucht, der Kritik der SPÖ zu begegnen:
Beim Biomasseverband zeigt man sich überrascht, dass ausgerechnet die SPÖ sich nun für höhere Tarife starkmachen will - unter dem früheren Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hatte sie die Förderung noch komplett abschaffen wollen. Christian Metschina, Vizevorsitzender des Biomasseverbands, kennt die geplante Tarifstruktur noch nicht, hält aber fest: „Die Tarife dürfen nicht niedriger sein als bisher. Sonst geht sich der Betrieb der Anlagen einfach nicht aus.“
Christoph Pfemeter, Geschäftsführer des Biomasseverbands, erklärt via Twitter den Hintergrund:
Verzwickt ist die Situation für die SPÖ nicht zuletzt auch, weil laut Biomasseverband rund zwei Drittel der Holzkraftwerke in SPÖ-regierten Gemeinden stehen (Lieferanten sind mit Land- und Forstwirten aber vor allem ÖVP-Klientel). So würde die Bundespartei in die Verlegenheit geraten, den eigenen Ortsparteien quasi die Kraftwerke „abzudrehen“. Denn über einen Punkt sind sich alle einig: Fließt das Fördergeld von insgesamt 140 Millionen Euro nicht, werden die meisten Anlagen stillgelegt.