Erneut sorgt ein ORF-Beitrag für Streitigkeiten zwischen dem Fernsehsender und der FPÖ. Stein des Anstoßes ist diesmal ein Interview in der ORF-Sendung "Report" Sendungs-Chef Wolfgang Wagner mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen anlässlich seines Israel-Besuches über die österreichisch-israelischen Beziehungen. Wie bekannt sein dürfte, wirft Israels Regierung der freiheitlichen Partei Antisemitismus vor und blockiert FPÖ-Minister.
Als ein "Negativbeispiel von typischem Gesinnungsjournalismus" bezeichnete FPÖ-Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein das Interview. Der Moderator habe versucht, in penetranter und politisch-motivierter Art und Weise, seine persönliche Agenda abzuarbeiten. "Diese Interviewführung war nicht nur ungeheuerlich, sondern hat mit Objektivität nichts zu tun", so Jenewein. "Entgegen dem gesetzlichen Auftrag war für den 'Report'-Sendungsverantwortlichen Objektivität gestern anscheinend ein Fremdwort."
Jenewein fordert personelle Neuausrichtung
"Die plumpe Interviewführung mit einer in 'ungebührlichen Staccato-Manier' aufgesetzten Fragetechnik, deren einziges Ziel es war, Bundespräsidenten Van der Bellen einen 'negativen Sager' über die FPÖ zu entlocken, fügt sich nahtlos in die sonstigen Entgleisungen mancher Mitarbeiter des ORF und zeigt deutlich, wie notwendig eine Reform an Haupt und Gliedern ist. Neben bestehenden strukturellen Defiziten muss es dringend auch eine personelle Neuausrichtung geben", betonte Jenewein, und ging noch weiter: "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und seine Mitarbeiter sind zur parteipolitischen Objektivität und Unabhängigkeit verpflichtet. Wenn das nun Wolfgang Wagner nicht passt und er unbedingt seine persönliche politische Meinung in den Vordergrund stellen möchte, dann bitte nicht im Sold der österreichischen Gebührenzahler."
ORF findet "Zensuren" entbehrlich
Der ORF meldete sich postwendend zurück: "Selbstverständlich ist Kritik an ORF-Sendungen erlaubt, aber ein Verteilen von persönlichen Zensuren für missliebige Journalistinnen und Journalisten durch Parteien oder Politiker ist entbehrlich. Es ist sogar höchst bedenklich in einer entwickelten Demokratie. Vor allem, wenn es um persönliche Angriffe und der Aufforderung nach Kündigung von unliebsamen Journalistinnen und Journalisten geht", ist in einer Aussendung des TV-Senders zu lesen.
FPÖ-Mediensprecher Jenewein würde zum wiederholten Male damit auffallen, einzelne Mitarbeiter herauszupicken, mit persönlichen Angriffen zu diskreditieren und ihre Arbeit öffentlich in ein schlechtes Licht zu rücken. "Das Verlangen von Jenewein nach einer Reform "an Haupt und Gliedern" und nach einer "personellen Neuausrichtung" lässt vielmehr befürchten, dass hier die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit Füßen getreten werden soll."
Jahr der Änderungen
Das heurige Jahr dürfte weitreichende Änderungen für das größte Medienunternehmen des Landes bringen. Details der ORF-Reform sind bisher kaum bekannt, eine neue Spitze scheint aber fix: Ein vierköpfiger Vorstand, den ÖVP und FPÖ im Proporz besetzen, statt des Alleingeschäftsführers. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz teilte als Reaktion auf die FP-Attacke auf Twitter das Statement des Redakteursrates und schrieb: "In allen europäischen Demokratien (außer Ungarn) entscheiden Journalisten was sie fragen und nicht Mediensprecher von Regierungsparteien! Das muss so bleiben auch bei neuem Gesetz! Gegen Diffamierung von Journalisten werden wir uns wehren!"