Der Bundesrat wird zum ersten Mal ein Gesetz komplett verhindern. Bei seiner nächsten Sitzung am 14. Februar werden die SPÖ-Mandatare dort gegen die am Donnerstag im Nationalrat beschlossene Novelle zum Ökostrom-Gesetz stimmen, wie Perter Pertl, Sprecher des SPÖ-Parlamentsklubs, der Kleinen Zeitung bestätigt.
Weil die SPÖ im Bundesrat, der nach den Ergebnissen der Landtagswahlen zusammengesetzt wird, seit der Wahl in Kärnten 21 der 61 Sitze hält, hat die Koalition nicht die Zweidrittelmehrheit, die sie bräuchte, um das Gesetz zu beschließen.
Normalerweise hat der Bundesrat nur die Möglichkeit, ein Gesetz zu verzögern - im Fall der Ökostrom-Novelle braucht es aber auch die Zustimmung der Länderkammer, weil es sich eigentlich um eine Materie handelt, die Bund und Länder nach Artikel 12 B-VG gemeinsam regeln müssten. Beim Ökostrom-Gesetz hat die alte rot-schwarze Koalition das aber umgangen, indem sie mit Zweidrittelmehrheit eine Verfassungsbestimmung in das Gesetz geschrieben haben, dass der Bund das allein regeln darf.
Das geht grundsätzlich - braucht aber eben nach Artikel 44 Abs 2 B-VG auch eine Zweidrittelmehrheit in der Kammer, die die Interessen der Länder schützen soll, dem Bundesrat:
Verfassungsbestimmungen, durch die die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung oder Vollziehung eingeschränkt wird, bedürfen überdies der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates
Im Nationalrat hat die Koalition mit den Stimmen der Neos am Donnerstag die Zweidrittelhürde geschafft - aber im Bundesrat geht das derzeit ohne die Stimmen der SPÖ nicht. Damit dürfte die Ökostromnovelle dort scheitern; das erste Mal, dass so ein Fall eintritt, wie Parlamentarismus-Experte Werner Zögernitz der Kleinen Zeitung erklärt.
Förderung für Biomasseanlagen dürfte auslaufen
In der Novelle geht es vorrangig darum, die Förderung für Biomasse-Kraftwerke bis zur "großen" Neuregelung des Ökostrom-Sektors (geplant für 2020) zu verlängern. Förderungen für solche Anlagen - 47 an der Zahl sind es in Österreich derzeit - sind ursprünglich für eine Dauer von 13 Jahren vergeben worden, die ersten sind bereits ausgelaufen. Und ohne Förderung drohe diesen Kraftwerken die Schließung, heißt es aus dem Büro von Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP).
Die Novelle hätte die bestehende Förderung bis Ende 2021 in Höhe von 11,7 Millionen Euro im Jahr für Biogasanlagen und einen höheren, wie bisher per Verordnung festzulegenden Betrag für Biomasseanlagen* im Wesentlichen verlängert.
Ein zweiter Aspekt der Novelle - von der Koalition wohl schon in der Hoffnung eingebaut, damit die Zustimmung der SPÖ verhandeln zu können: Einkommensschwache Haushalte sollten komplett von der Ökostrom-Abgabe befreit werden, die für jeden Stromnetz-Anschluss einmal im Jahr fällig wird. Bisher wird solchen einkommenschwachen Haushalten die Abgabe nur (nach § 49 Ökostromgesetz) auf ein Mininimum von 20 Euro reduziert, das sollte der Novelle nach auf null reduziert werden.
SPÖ wollte Behandlung in Ausschüssen
Die Einwände der SPÖ finden sich in der Wortmeldung ihres Abgeordneten Wolfgang Knes im Nationalrat: einerseits ärgert die SPÖ - wieder einmal -, dass die Novelle per Initiativantrag eingebracht worden ist, anstelle den Weg durch Begutachtung und Ausschüsse zu gehen.
Andererseits widerstrebt ihr die Förderung von Biomasseanlagen grundsätzlich anscheinend grundsätzlich: "Im Bereich der Landwirtschaft wissen Sie, wie Sie die Milliarden herausholen, im Bereich der Biomasse wissen Sie, wie Sie es machen. Sie haben aber nichts dagegen, die Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erhöhen und ihnen die Überstunden wegzunehmen. Die Stromkunden in Österreich bezahlen diese Förderung von über einer Milliarde Euro, und Sie sindnicht bereit, mit irgendjemandem zu sprechen!", so Knes in Richtung ÖVP-Klubobmanns August Wöginger.
Im Umweltministerium zeigt man sich vom Widerstand der SPÖ überrascht: „Mit der Befreiung für einkommensschwache Haushalte setzten wir eine langjährige Forderung der SPÖ um. Es wäre unverständlich, wenn die SPÖ ein Veto im Bundesrat einlegt", erklärt Köstinger. Schließlich ginge es nicht um Parteipolitik, sondern "um den Kampf gegen Energiearmut".
*Korrektur um 15:25: Die Förderung von 11,9 Millionen Euro/Jahr betrifft Biogasanlagen, nicht Biomasse. Deren Fördersumme soll weiterhin per Verordnung der Ministerin festzulegen sein. - gr
Georg Renner