Manche tun sich mit ihr leicht, anderen treibt sie Schweißperlen auf die Stirn – die Mathematik. Österreichs unbeliebtestes Schulfach sorgt seit jeher für volle Nachhilfe-Kassen und politische Diskussionen. Ihren Höhepunkt findet die in AHS (Allgemeinbildende höhere Schule) und BHS (Berufsbildende höhere Schule) vermittelte Mathematik in der Matura, die seit 2014/2015 teilstandardisiert wurde und seither Zentralmatura heißt.
Die dortigen Ergebnisse in Mathematik haben im vergangenen Jahr für Wirbel gesorgt. 22 Prozent der AHS-Schüler sind damals an der schriftlichen Prüfung gescheitert, in der BHS waren es 19 Prozent (siehe Grafik). Eltern, Schüler und Lehrer schrien auf, zahlreiche Experten hielten die damaligen Angaben für zu komplex formuliert.
Damit sich dieses Notendebakel am 8. Mai – der nächste Matura-Termin – nicht wiederholt, haben Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) und seine Mitarbeiter an ein paar Schrauben gedreht. Ein Überblick darüber, was ab Mai anders ist.
Aufgabenstellung
Die Angabentexte sollen künftig nicht nur kürzer, sondern auch in einfacherer Sprache formuliert sein. Ein Beispiel einer „vereinfachten“ Fragestellung finden Sie auf der rechten Seite. Kürzer sollen auch die Hinweise zur Aufgabenbearbeitung ausfallen. Sie passen künftig auf eine A4-Seite.
Benotung
Gute Nachrichten für „Hauptsache durch“-Kandidaten: Künftig winken auch halbe Punkte für teilweise richtige Lösungen. Eine zusätzliche „Rettungsmöglichkeit“ bringt zudem eine neue Gewichtung der beiden Aufgabenteile. Bisher mussten beim Grundlagenteil 16 Punkte für ein „Genügend“ erreicht werden, der zweite, vertiefende Teil bot nur vereinzelte „Bonuspunkte“. Künftig sind auch jene Schüler und Schülerinnen „durch“, die bei beiden Teilen insgesamt 24 Punkte erreichen.
Zeiteinteilung
Die erwähnten beiden Aufgabenteile werden nicht – wie bisher – nacheinander und mit zeitlicher Begrenzung ausgeteilt, sondern gemeinsam. Schüler können sich die Zeit somit besser einteilen.
Fachlehrer anwesend
Vor Beginn der Klausur soll künftig ein Mathematiklehrer für allgemeine Fragen zur Verfügung stehen. Helfen darf er jedoch nicht, so Fassmann. Leichter soll die Matura trotz all dieser Maßnahmen aber nicht werden, so der Minister.
Das wäre auch „bedrohlich“, mahnt Michael Drmota, Dekan der Fakultät für Mathematik der TU Wien. „Wir beobachten seit Jahren, dass den Studenten, die zu uns kommen, immer häufiger grundlegendes mathematisches Wissen fehlt“, erklärt er. Der Großteil müsse bereits Grundkurse belegen, in denen beinahe wöchentlich geprüft werden müsse. „Dabei geht es nicht – wie viele glauben – um das Studienfach Mathematik, sondern auch um Fächer wie Maschinenbau, Wirtschaftswissenschaft, Informatik oder Chemie.“ Man müsse nicht alles können, „aber Grundkenntnisse sind essenziell für zahlreiche Studien.“
Kritik an halben Punkt
Seine Erklärung für das nachlassende Wissen: „Das Fach wird oft so unterrichtet, damit man bestmöglich den Grundteil der Matura schafft.“ Ein grundsätzliches Verständnis der Materie werde damit deutlich erschwert. Die präsentierten Veränderungen wertet Drmota positiv: „Damit wird der zweite Matura-Teil aufgewertet.“ Die Vergabe halber Punkte sieht er hingegen kritisch. „Das könnte auch in die andere Richtung gehen – wo man früher einen ganzen Punkt geben musste, reicht jetzt vielleicht auch schon ein halber.“
Im internationalen OECD-Vergleich gehören Österreichs Schüler zu jenen, die am wenigsten Freude mit Mathematik haben. Mädchen bringen dabei noch weniger Begeisterung für das Fach auf. Es wird jedoch nicht das Einzige bleiben, dass man sich im Ministerium ansehen wird, verkündete Faßmann. Auch eine Überarbeitung des Prüfungsstoffes und bessere Fortbildungen für Lehrer seien in Planung.