Einige tausend Demonstranten haben sich am Samstag anlässlich des 1. Jahrestags der Bildung der türkis-blauen Bundesregierung in Wien zusammengefunden, um gegen die Politik von ÖVP und FPÖ zu demonstrieren. Der "Bündnis heißer Herbst" startete am Nachmittag seinen Demonstrationszug, ab 18.00 Uhr war eine Abschlusskundgebung am Heldenplatz angesetzt.
Zur Demonstration gegen "Rechtsruck, Rassismus und Sozialabbau" riefen linke und gewerkschaftliche Organisationen - unterstützt von SPÖ und Grünen - auf. Die Veranstalter sprachen am Ende der Demonstration von 50.000 Teilnehmern, laut Polizei nahmen zu Spitzenzeiten rund 17.000 Menschen an der Kundgebung gegen die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung in Wien teil. Laut einer Aussendung erstreckte sich der Demonstrationszug über circa 1,5 Kilometer. 520 Polizisten waren im Einsatz um für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Bis auf drei Anzeigen wegen Ordnungsstörungen sei es zu keinen polizeilich relevanten Zwischenfällen gekommen.
"Rechtsruck als Gefahr für uns alle"
"Ein Jahr nach der Regierungsangelobung von Schwarz-Blau gehen wir wieder auf die Straße, denn der Rechtsruck ist eine Gefahr für uns alle", hieß es seitens des Bündnisses. Die Demonstration startete um 14.00 Uhr in der Mariahilfer Straße beim Westbahnhof. Dort versammelten sich Teilnehmer mit Transparenten und Schildern, auf denen mit Parolen wie "Mindest-sichern, statt arm machen" gegen ein österreichisches Hartz IV oder mit den Worten "Anti-Basti, Anti-Strache, Anti-Kickl" gegen die Proponenten der Regierung protestiert wurde.
Auch die inzwischen zu einiger Berühmtheit gelangten "Omas gegen Rechts" waren mit von der Partie, nicht weit entfernt von einer Gruppe, die unter der Botschaft "Eure Politik stinkt mehr als alte Socken" mit abgetragenen Socken gegen die Regierung Front machte. In der Menschenmenge war auch die eine oder andere getragene Gelbweste zu sehen, die es zuletzt vor allem in Frankreich zum zentralen Protest-Accessoir geschafft hat. Anders als in Paris blieb in Wien am Nachmittag aber alles friedlich und ruhig.
Vom Broda-Platz setzte sich der Demonstrationszug über Gürtel, Burggasse und Wiener Ringstraße Richtung Heldenplatz in Bewegung, wo ab 18.00 Uhr die Abschlusskundgebung angesetzt war. Wegen des Aufmarschs kam es vorübergehend zu Behinderungen und Staus im Straßenverkehr, auch die eine oder andere Straßenbahn- und Buslinie war vorübergehend unterbrochen, Öffi-Benutzer mussten Verspätungen in Kauf nehmen.
Handel klagt: 80. Ringsperre in diesem Jahr
Wenig Freude hat der Wiener Handel mit der am Samstag in Wien abgehaltenen Demonstration gegen die Bundesregierung. "Der Ring wurde heuer mittlerweile zum 80. Mal gesperrt. Gut eine Woche vor Weihnachten kann man von einem Amazon-Förderungsprogramm sprechen", kritisierte Handelsverbandsgeschäftsführer Rainer Will in einer Aussendung.
Nachdem die Umsatzprognosen im Handel wegen des warmen Herbstes sowohl für das Gesamtjahr 2018 als auch für das Weihnachtsgeschäft alles andere als rosig sind, treffe die am Samstag stattgefundene Demonstration in Wien den lokalen Handel besonders hart. Das Demonstrationsrecht sei wichtig und richtig, aber nicht in einer derart extensiven, geschäftsschädigenden Form auf Kosten mittelständischer Unternehmer, so der Vorwurf.
"Es muss einfach eine bessere Lösung als die gegenwärtige geben. Etwa eine ausgewogene Novellierung des Versammlungsgesetzes, ohne dabei demokratische Grundwerte einzuschränken, aber auch ohne alle Freiheiten auf Kosten einiger Händler völlig ungeregelt auszuleben", erklärte Handelsverbandpräsident Stephan Mayer-Heinisch.