Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) ist am Dienstag im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Verfassungsschutz-Affäre befragt worden. Er blieb dabei seiner Linie treu und betonte zur umstrittenen Razzia im BVT und dem folgenden Imageschaden: "Es ist auf jeden Fall kein Verschulden, das mein Haus betrifft."
Auf eine einleitende Stellungnahme verzichtete Kickl, der sich während der Befragung durch Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl ruhig und sachlich gab. Das umstrittene Konvolut mit Vorwürfen gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) habe er im Sommer 2017 erhalten, wie er dazu gekommen sei, wisse er nicht mehr, sagte Kickl. Es sei ihm aber klar gewesen, dass es wohl im Zusammenhang mit seiner damaligen Funktion als Wahlkampfleiter stand, dass das Konvolut den Weg zu ihm gefunden hat. Er habe darin den Versuch gesehen, "einen Anstoß in Richtung Dirty Campaigning" zu geben.
Kickl habe nicht "aufgeräumt"
Später, als Innenminister, habe ihm dann wiederum sein Generalsekretär Peter Goldgruber das Konvolut vorgelegt. Es sei etwas anderes, ob man es als Minister oder als "Privatperson" bekomme, argumentierte Kickl, warum er dann aktiv wurde. Er habe auf eine rechtlich korrekte Vorgangsweise bestanden, betonte er.
Dass er seinem Generalsekretär den Auftrag erteilt habe, im BVT "aufzuräumen", bestritt Kickl. Es sei bereits mehrmals richtiggestellt worden, "dass das so nicht gesagt wurde".
Missstände sind dem Minister auch von BVT-Mitarbeiterin Ria-Ursula P. persönlich geschildert worden. "Ich stehe ja für Bürger gerne zur Verfügung, soweit es mein Terminkalender zulässt." Es habe sich um ein relativ kurzes Gespräch gehandelt, weil er die Vorwürfe zu Reisepässen und sexuellen Belästigungen schon gekannt und einen anderen Termin gehabt habe, erklärte Kickl.
"Erfahrung fehlt mir"
Der Verfahrensrichter befragte den Minister auch zu dem ungewöhnlichen Umstand, dass ein Kabinettsmitarbeiter Zeugen zur Korruptionsstaatsanwaltschaft begleitet hat. Für ihn sei es "kein Problem" gewesen, dass Udo Lett, ein Mitarbeiter Goldgrubers, Vertrauensperson bei einer Aussage war, denn es entscheide ja die Staatsanwaltschaft, ob jemand als Vertrauensperson akzeptiert wird, meinte Kickl. Ob so ein Vorgangsweise üblich sei, "das kann ich nicht beurteilen, weil mir die Erfahrung diesbezüglich fehlt". Es sei insgesamt eine außergewöhnliche Situation, rechtfertigte sich Kickl.
Aufgrund der vom Innenministerium zur Verfügung gestellten Zeugen kam es am 28. Februar zu einer Hausdurchsuchung im BVT, die mittlerweile als rechtswidrig beurteilt worden ist. Durchgeführt wurde sie ungewöhnlicherweise von der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität, der mit Wolfgang Preiszler ein FPÖ-Politiker vorsteht. Er habe nicht gewusst, dass Preiszler freiheitlicher Gemeinderat ist, beteuerte Kickl. Überhaupt sah er sich nicht in der Verantwortung, welche Polizeitruppe engagiert wurde: "Ich war gar nicht in diese Entscheidung involviert."
Razzia: Kickl sieht kein Problem
Generell kann Kickl kein Problem mit der Razzia an sich erkennen: Es habe einige Zeit gedauert, bis die ersten Medienberichte zur Hausdurchsuchung aufgeschlagen seien - dies zeige, dass die Hausdurchsuchung selbst "eigentlich sehr diskret abgelaufen" sei und keinen Schaden angerichtet habe - die Frage sei vielmehr, was wegen der Medienberichte dazu passiert sei, findet der Minister.
Einmal mehr Thema war auch der Fall eines Neonazi-Sicherheitsmannes im Ausschuss, der jüngst aufgeflogen war. Ausschuss-Vorsitzende Doris Bures (SPÖ) betonte zu Beginn der Sitzung, dass seit heute ausschließlich sicherheitsgeprüftes Personal des Parlaments eingesetzt sei, um für Ordnung zu sorgen. Bures entschuldigte sich zudem bei den anwesenden Journalisten "ausdrücklich für die Sicherheitslücke und die entstandene Verunsicherung" wegen der Causa. Die Ergebnisse der weiterführenden Prüfungen würden der Öffentlichkeit mitgeteilt, versicherte Bures.
Keine Verantwortung
Bei der Befragung durch die Abgeordneten hat Innenminister Kickl (FPÖ) jede Verantwortung für die Verfassungsschutz-Affäre zurückgewiesen. Weder habe er seinen Generalsekretär Goldgruber zur Staatsanwaltschaft geschickt, noch im Vorfeld Details der Razzia beim BVT gekannt. Für problematisch hält Kickl ohnehin eher die "überbordende Berichterstattung" der Medien zur Causa.
Sowohl SP-Mandatar Kai Jan Krainer als auch Stephanie Krisper von den NEOS versuchten Kickl nachzuweisen, Parlament und Öffentlichkeit falsch über die Affäre informiert zu haben. So kritisierte Krisper, dass Kickl sein Treffen mit einer Belastungszeugin in den ersten Anfragebeantwortungen zur Causa verschwiegen hatte. Und Krainer verwies darauf, dass Kickl noch am Abend des 26. Juni Vertrauensprobleme mit internationalen Partnerdiensten in Abrede gestellt hatte - obwohl er zuvor von der möglichen Suspendierung aus dem "Berner Club" der Geheimdienste informiert worden war.
"Für mich ist immer der entscheidende Punkt gewesen, ob wir tatsächlich von internationalen Informationen abgeschnitten worden sind", rechtfertigte sich der Minister. Und das sei laut Auskunft seiner internationalen Gesprächspartner nicht der Fall gewesen. Und im Übrigen machte Kickl für die Vertrauensprobleme ohnehin die "überbordende Berichterstattung" über die BVT-Affäre verantwortlich - sowie bereits länger zurückliegende Ermittlungen rund um ein Datenleck im Verfassungsschutz, wie er seinem Parteikollegen Hans-Jörg Jenewein sagte.
Schlagabtausch mit Pilz
Im Laufe der Befragung durch die Abgeordneten im BVT-U-Ausschuss ist Innenminister Kickl (FPÖ) doch noch emotional geworden. Der Abgeordnete Peter Pilz warf ihm vor, Amtsmissbrauch begangen und das Leben verdeckter Ermittler gefährdet zu haben - was Kickl erbost als "letztklassig" zurückwies.
Nach einem sachlichen und ruhigen Start klang der Innenminister im Laufe der Befragungen zunehmend verärgert - vor allem Pilz brachte ihn auf die Palme. Der Mandatar konzentrierte sich auf die Frage, ob Kickls Generalsekretär Goldgruber von BVT-Direktor Gridling Auskünfte wollte, wo genau verdeckte Ermittler im rechtsextremen Bereich eingesetzt werden und sogar, wer sie sind. Das Ministerumfeld wollte entsprechende Anfragen bisher nur im Zusammenhang mit einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats sehen, dass er nach Namen gefragt habe, hat Goldgruber bestritten.
Details zu diesem Treffen des Nationalen Sicherheitsrates konnte Kickl nicht mehr nennen, ob verdeckte Ermittler dann dort Thema waren, konnte er sich auch nicht erinnern. Für Kickl geht es auch nicht automatisch um Burschenschaften, wenn vom rechtsextremen Bereich die Rede ist - das könnten auch "Fußball-Hooligans" oder "Identitäre" sein, hielt er fest.
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