Die SPÖ hat auf ihrem Bundesparteitag in Wels die Kandidatenliste für die EU-Wahl am 26. Mai mit 96,1 Prozent bestätigt. Spitzenkandidat wird der ehemalige SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder, auf Platz zwei ist die derzeitige EU-Delegationsleiterin der SPÖ, Evelyn Regner, gereiht.

Dahinter befinden sich auf der Liste der niederösterreichische Landtagsabgeordnete Günther Sidl, die steirische Landtagspräsidentin Bettina Vollath, der Bad Ischler Bürgermeister Hannes Heide und die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend, Julia Herr.

Auf diesem Platz sechs sollte nach Wunsch der Kärntner Landespartei eigentlich der Sohn des Landeshauptmanns, Luca Kaiser, kandidieren. Die Bundesgremien der SPÖ hatten dies mit dem Hinweis auf ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis jedoch abgelehnt. In der Kärntner SPÖ sorgte dies für Verstimmung, Kaiser junior hält nun den chancenlosen neunten Listenplatz.

Die SPÖ ist derzeit mit fünf Abgeordneten im EU-Parlament in Brüssel und Straßburg vertreten und will ein sechstes Mandat dazu gewinnen. Fix ist bereits jetzt, dass von der derzeitigen Delegation nur Regner in den Abgeordneten-Reihen bleibt.

Schieders blaues Auge

Mit stark geschwollenem Auge trat am Sonntag der SPÖ-EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder vor den SPÖ-Parteitag: „Vorgestern war ich schneller als die Tür, aber Schminke ist das halbe Leben und deshalb danke an unsere Maske“, erklärte er scherzend. Er sei „froh, dass ich überhaupt etwas sehe“. Dann zückte er effektvoll ein Stück Stacheldraht, ein Überbleibsel vom „Eisernen Vorhang“, der bis 1989 trennte.

Beim Fall des Eisernen Vorhangs habe man große Träume gehabt, doch seither habe sich viel verändert, sagte Schieder vor den 650 Delegierten. Es gebe eine Spaltung Europas, verursacht durch „die Salvinis, die Orbans, die Le Pens, die Straches und die Kurz'“, so der SPÖ-Kandidat.

"Europa darf nicht Trump werden"

Das sei das Gegenteil der seinerzeitigen Träume, und es mache vielen Menschen Angst. „Aber wir haben die Kraft, das zu verändern. Wir müssen unseren Traum von Europa verteidigen und Europa vor dem Irrweg des Nationalismus schützen.“ Die Konzerne müssten endlich „Steuern zahlen wie jeder Würstelstand es schon heute tut“. Zur Regierung sagte Schieder: „Diese Katastrophe steht für sich selbst.“ Seine Formel für den Wahlkampf: „Europa darf nicht Trump werden.“

Die neue SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner gab sich am zweiten Tag des SPÖ-Parteikonvents neuerlich kämpferisch: Fünf schwarze Finanzminister hätten zehn Jahre lang gemeinsam mit der SPÖ für eine Finanztransaktionssteuer gekämpft, dann habe der erste türkise Minister diesen Plan zu Grabe getragen. Die ÖVP stelle sich „auf die Seite der Spekulanten und der Finanzindustrie. Wir Sozialdemokraten werden uns dem entgegenstellen, das wird unser Ziel im EU-Wahlkampf sein.“

Luca Kaiser unterstützt Julia Herr

Davon, dass die Liste im Vorfeld für Konflikte gesorgt hatte, war in Wels nichts mehr zu spüren. Im Saal dominierten Zusammenhalt, Optimismus und kämpferische Reden, die sich meist gegen Konzerne und Neoliberalismus wandten. Landeshauptmann-Sohn Luca Kaiser, auf unwählbarem Listenplatz neun, lieferte einen bemerkenswerten Auftritt: Es gehe nicht um Querelen, Posten und Listen, sondern um die Sache. Deshalb werde er die ihm vorgezogene Kandidatin Julia Herr voll unterstützen: "In Wahrheit ist es ein Skandal, dass du nicht schon längst eine Mandatsfunktion hast, liebe Julia."

Das steht im neuen Statut

Die SPÖ hat sich bei ihrem Parteitag in Wels ein neues Statut verpasst, das den Mitgliedern ein wenig mehr Rechte bringt. Die Zustimmung war mit 19 Gegenstimmen recht hoch, obwohl offenbar viele Delegierte das ursprüngliche weitreichendere Modell bevorzugt hätten, das von den Jugendorganisationen als Alternative eingebracht wurde.

Genau das ist das außergewöhnliche an dem Beschluss, dass das erste Konzept sogar einer Mitgliederbefragung unterzogen wurde, danach aber trotz klarer Zustimmung wieder verworfen worden, angeblich auf Druck der Wiener Landespartei.

Die Jugendorganisationen forderten deshalb am Parteitag, zum ursprünglichen Konzept zurückzukehren,. Als besonders ärgerlich wurde von der Jugend erachtet, dass Koalitionsabkommen nun doch nicht automatisch den Mitgliedern vorgelegt werden. Ein Antrag das wieder zu ändern, fand mit 162 zu 202 Stimmen recht knapp keine Mehrheit. Alt-Bundesgeschäftsführer Max Lercher stimmte übrigens mit den Jugendorganisationen für das alte Konzept mit dem Mitgliedervotum über Koalitionsabkommen.

Langzeit-Mandatare werden es schwerer haben

Immerhin, etwas mehr mitzureden hat die Basis dann doch. Finden sich künftig fünf Prozent der Mitglieder zusammen, gibt es ein Referendum zu inhaltlichen Fragen, das aber nicht bindend ist. Bei zehn Prozent - dem bisherigen Mindestwert für ein Referendum - wird es bindend, allerdings auch nur, wenn zumindest 20 Prozent an der Befragung teilnehmen.

Erschwert wird die Kandidatur für Langzeit-Mandatare, aber nur wenn sie auf der Bundesliste kandidieren. Dann braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit in den Gremien, um nach zehn Jahren weiter im Parlament vertreten sein zu können.

Schlankere Parteispitze

Ein wenig schlagkräftiger soll die Parteispitze werden. Statt der derzeit 17 Stellvertreter soll die Parteichefin künftig nur noch sechs Vizes haben. Auch der Vorstand wird von über 70 auf maximal 55 reduziert. Parteitage finden in Zukunft nur noch alle drei Jahre statt, bisher alle zwei. Das gefiel der Jugend und etlichen Delegierten auch nicht.

Verhindert werden mit dem Statut Multifunktionäre mit Multi-Gehältern. SPÖ-Politiker in gut bezahlten Funktionen wie Regierungsmitglieder, Bürgermeister und Stadträte größerer Gemeinden etc. dürfen aus keiner weiteren politischen Funktion ein Gehalt beziehen. Tun sie es doch, ist diese Entlohnung als Solidaritätsbeitrag "wissenschaftlichen, sozialen und ökologischen Zwecken" zu widmen.