Dass das offizielle Österreich zu einer Gedenk- oder Jubiläumsfeier in die Staatsoper bittet, hat Seltenheitswert. Normalerweise trifft man sich in der Hofburg oder im Parlament, in dem allerdings gerade gehämmert und gespachtelt wird. Der heutige Staatsakt zum 100. Jahrestag der Ausrufung der Ersten Republik geht in der Oper über die Bühne.
Es wäre nicht Österreich, wenn die Planung der Veranstaltung nicht auch von innenpolitischen Scharmützeln überschattet gewesen wäre. Als Gastgeber fungieren Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bundeskanzler Sebastian Kurz, also ein ehemaliger Grüner und zwei ÖVP-Politiker.
Nach Informationen der Kleinen Zeitung waren Vertreter der SPÖ und der FPÖ in der ursprünglichen Rednerliste nicht vorgesehen. Nach teils heftigen Interventionen wurde die Liste erweitert: um Vizekanzler Heinz-Christian Strache, der in seiner Ansprache herausstreichen will, dass es der spätere Begründer der deutschnationalen Partei Franz Dinghofer war, der an dem historischen Tag vor 100 Jahren nicht nur der Nationalversammlung vorstand, sondern auch von der Balustrade des Parlaments die Republik ausrief. Zudem wurde die Liste um den burgenländischen SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl erweitert. Die SPÖ hätte es schwer verwunden, wenn sie an „ihrem 12. November“ dem Staatsakt nur passiv beigewohnt hätte. Dem Cheforganisator der Jubiläumsfeierlichkeiten, Ex-Bundespräsident Heinz Fischer, das Wort zu erteilen, wäre ein protokollarischer Fauxpas gewesen. Da die Länder die erste Republik mitbegründet hatten, fiel die Wahl auf den amtierenden Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, eben den Burgenländer Niessl. Die Festrede hält die bekannte Autorin Maja Haderlap.
Geladen sind neben den Vertretern des offiziellen Österreich in Israel lebende, österreichische Holocaust-Überlebende, viele Schüler und Gäste aus allen Bundesländern, die einen Querschnitt der Bevölkerung des Landes bilden.