Die ÖVP, die im Wahlkampf 2017 mit knapp 13 Millionen Euro fast doppelt so viel ausgegeben hatte, wie im Parteiengesetz von 2012 mit einem Limit von 7 Millionen eigentlich erlaubt ist, ging am Montag in die Offensive und warf der SPÖ "mehr als unglaubwürdige" Wahlkampfkosten vor. Die rote Parteizentrale hatte knapp 7,4 Millionen Euro Wahlkampfkosten an den Rechnungshof gemeldet. "Unabhängige Analysen zeigen, dass die SPÖ weit über 7,4 Millionen für den Wahlkampf ausgegeben haben muss", meinte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer. Laut Mediaanalysen hätte die SPÖ allein für Werbung in Print, TV, Radio, Online, auf Plakat sowie für Direkt-Mailings mehr als 6,5 Millionen ausgegeben, hieß es aus der ÖVP.
FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky bezeichnete die SPÖ-Wahlkampfkosten als "verspäteten Aprilscherz". Ähnlich wie Nehammer stellte auch Vilimsky in den Raum, dass die SPÖ diverse Vereinsaktivitäten rund um die Wahl, die Beratertätigkeit Tal Silbersteins oder auch etwaige Übernahmekosten durch den SPÖ-Parlamentsklub nicht im SPÖ-Zahlenwerk inkludiert seien. "Die Angabe der Wahlkampfkosten hat den selben Zustand wie aktuell jener der SPÖ-Bundespartei: ein einziges Sodom und Gomorra", so Vilimsky, dessen Partei das Wahlkampfkostenlimit mit 10,7 Mio. Euro ebenfalls massiv überschritten hatte.
In der SPÖ wies man die Kritik der Regierungsparteien zurück und wertete diese als Ablenkungsmanöver von den massiven Kostenüberschreitungen in den türkis-blauen Wahlkämpfen. "Die Regierung hat 25 Mio. Euro ausgegeben, das ist eine absolute Rekordsumme. Das bringt unser demokratisches System in Richtung des US-amerikanischen", sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda der APA. Es sollte aber um einen "Wettbewerb der besten Ideen und nicht um einen Wettbewerb der besten Sponsoren" gehen. "Wenn wir unsere Demokratie nach der goldenen Regel organisieren, haben wir ein Problem."
Die Kurz-ÖVP habe so viel Geld ausgegeben, dass es für zwei gesetzeskonforme Wahlkämpfe gereicht hätte. Drozda sprach von "Gesetzesbruch in einem Ausmaß, wie es für den Gesetzgeber unvorstellbar war. Wer so viel Geld ausgibt, hat gar nie vorgehabt, sich an das Gesetz zu halten. Da steckt Vorsatz dahinter." Drozda forderte deshalb eine Gesetzesänderung und "deutlich strengere" Strafen.
Bei den NEOS reagierte man unterdessen verärgert auf die Wahlkampfkosten von ÖVP, FPÖ und SPÖ. "Wie wir schon im Nationalratswahlkampf vorausgesagt haben, haben die jetzigen Regierungsparteien die Wahlkampfkostenbeschränkung ungeniert deutlich überschritten. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Im Sport wird man für unerlaubtes Doping disqualifiziert, in der österreichischen Innenpolitik kommt man in die Regierung. Damit muss endlich Schluss sein", sagte NEOS-Generalsekretär Nick Donig.
Die Oppositionspartei fordert drastischere Strafen für die Überschreitung des Wahlkampfkostenlimits. "Nur ernst zu nehmende Sanktionen können die Einhaltung der Obergrenze gewährleisten." Die NEOS plädieren deshalb für Strafzahlungen von bis zu 150 Prozent des Überschreitungsbetrages und fordern mehr Transparenz außerhalb der Wahlzeiten.
Obergrenze
Seit 2012 gilt für alle Wahlen auf Bundesebene eine Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Millionen Euro pro Partei. Konkret besagt die Regelung, dass zwischen dem sogenannten Stichtag der Wahl und dem Wahltag - 2017 waren dies der 25. Juli und der 15. Oktober - keine Partei mehr als sieben Millionen Euro für Wahlwerbung ausgeben darf. Bis ein Jahr nach der Wahl müssen die Parteien ihre Ausgaben von Wirtschaftsprüfern testieren lassen und an den Rechnungshof melden. Bei Überschreitungen werden Strafzahlungen von 10 bis 20 Prozent des Überschreitungsbetrages fällig. Für die Verhängung zuständig ist der "Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat" im Kanzleramt.
Strafzahlungen dürften auch bei dieser Wahl anstehen. Die ÖVP meldete dem Rechnungshof dieser Tage etwa die Summe von knapp 13 Millionen Euro als Wahlkampfkosten für den Nationalratswahlkampf 2017. Damit habe man rund 1,8 Millionen Euro mehr als bei der Nationalratswahl 2013 ausgegeben, hieß es aus der türkisen Parteizentrale gegenüber der APA. "Der Wahlkampf 2017 war für die neue Volkspartei ein außergewöhnlicher Wahlkampf. Leider haben wir deutlich mehr ausgegeben, als die vorgesehene Obergrenze dafür ist. Wir werden selbstverständlich die volle Strafe begleichen", sagte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer.
Der Wahlkampf dürfte die Partei damit noch einmal mehrere hunderttausend Euro bis eine Million an Bußgeld kosten. Die Wahlkampfausgaben haben sich laut Nehammer neben dem hohen ÖVP-Engagement in Bund, Ländern und in der türkisen Bewegung "aus dem erhöhten Informationsbedarf in Folge des untergriffigen Wahlkampfes" ergeben. Die ÖVP sei aber im Gegensatz zum Mitbewerb zu 100 Prozent ehrlich und transparent, während etwa die SPÖ mutmaßliche Wahlkampfkosten in dubiosen Vereinen versteckt habe, so Nehammer.
Der Koalitionspartner FPÖ hat 10,7 Millionen Euro an Wahlkampfkosten an den Rechnungshof gemeldet. Auch den Blauen blüht damit eine Strafe von mehreren hunderttausend Euro. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky begründete die Überschreitung mit Kostensteigerungen bei Werbung und Wahlkampfdynamik.
Laut SPÖ-Parteizentrale hat man das Wahlkampfkostenlimit bei der vergangenen Nationalratswahl nur minimal überschritten. 7.383.429,95 Euro wurden demnach an den Rechnungshof gemeldet. Der SPÖ droht damit eine Geldbuße im mittleren fünfstelligen Bereich.
NEOS und Liste Pilz blieben deutlich unter der Wahlkampfkostenobergrenze. Die NEOS meldeten 1.773.967 Euro ein. Über den Stichtag hinaus kommunizierten die Pinken schon vor längerem die gesamten Wahlkampfkosten mit 2.649.195,70 Euro. Bei der Liste Pilz waren es laut Parteichefin Maria Stern in etwa 300.000 Euro an Wahlkampfkosten, die an den Rechnungshof kommuniziert wurden. Eine Wählerstimme habe die Liste damit 1,50 Euro gekostet und man habe alle Wahlkampfausgaben aus Spendengeldern finanziert, so Stern.
Das Parteiengesetz wertet als Ausgaben für Wahlwerbung "insbesondere" (aber nicht ausschließlich) zwölf Ausgabenkategorien - darunter Plakate, Postwurfsendungen, Folder, Wahlkampfgeschenke, Inserate und Werbespots, aber auch die Ausgaben für Werbe- und Eventagenturen, zusätzliche Personalkosten sowie Ausgaben für Personenkomitees. Die Kandidaten selbst dürfen bis zu 15.000 Euro in den eigenen Wahlkampf stecken - alles darüber hinaus muss der Partei zugerechnet werden. An den Rechnungshof gemeldet werden müssen die Wahlkampfkosten gemeinsam mit dem Rechenschaftsbericht der jeweiligen Partei.