Dankbarkeit ist keine politische Kategorie.
Solidarität schon.
Mit der Abhalfterung von Parteigeschäftsführer Max Lercher leistete sich Pamela Rendi-Wagner ihren ersten kapitalen politischen Fehler. Weil sie genau gegen dieses Gebot der Solidarität verstieß.
Lercher in die Wüste zu schicken, ist unsolidarisch gegenüber einem Menschen, der sich völlig in den Dienst der Partei gestellt hatte, der ohne Mandat im Nationalrat die exponierte Position des "Kettenhundes" für Christian Kern übernommen hatte und der auch sein Landtagsmandat wenige Tage zuvor, in Unkenntnis der Entwicklung, aufgegeben hatte, um ausschließlich dem Wohl der Partei und ihres Vorsitzenden zu dienen.
Ihn ziehen zu lassen, ohne seinen Namen überhaupt noch zu erwähnen, ohne ihm wenigstens die üblichen Worte des Dankes nachzujagen, war hör- und sichtbarer Ausdruck dessen, dass Solidarität in einer Partei, deren Grundwerte geradezu aufbauen auf dem Bekenntnis zu gegenseitiger Verbundenheit, eine Einbahnstraße ist.
Den Freibrief der Partei für ihr Personalpaket dazu zu nützen, ihren persönlichen Vertrauten Thomas Drozda als alleinige Schaltsstelle in der Partei zu installieren, ist ein Missbrauch der Solidarität jener, die noch wissen, dass die Quereinsteigerin Rendi-Wagner sich erst nach der Kür zur Ministerin dazu entschloss, der Partei beizutreten, und die die Neue auch jenen Funktionären verkaufen müssen, die sie noch gar nicht kennen.
Die einen treten offen gegen die neue Vorsitzende auf, weil sie spüren, dass sich dieses Vorgehen nicht mit dem, was sie selbst mit der Partei verbinden, verträgt.
Die anderen begnügen sich mit demonstrativen Danksagungen an Lercher und halten darüber hinaus noch still, im Wissen darum, dass ein neuer Zwist in erster Linie die eigene Partei schwächt, obwohl doch die Kraft für eine starke Opposition in ihrem ureigensten Interesse liegt.
Hinter vorgehaltener Hand fragt man sich jedoch bereits, ob es eine Parteivorsitzende mit so wenig Gespür für Menschen und Partei in einem halben Jahr noch geben wird.
Und man fragt sich auch, ob der neue Mann im Parteibüro, Thomas Drozda, es schaffen wird, jene, die Max Lercher mit Fleiß, mit dem Willen, alle abzuholen und mit dem Umstand, dass ihm nachweislich nicht das eigene Fortkommen sondern nur die Partei und ihr Fortkommen wichtig war, binden konnte, zu halten.
Rendi-Wagner hätte einen besseren Start verdient. Und sie hat ihn sich (oder instinktlose Berater haben ihn ihr) ohne Not verpatzt.
Claudia Gigler