Sie waren jetzt fünf Jahre lang Klubobmann der Neos. Was haben Sie gelernt?

Matthias Strolz: Unendlich viel. Über die Menschen, über die Politik und darüber, wie Österreich funktioniert.

Wie funktioniert Österreich?

Man braucht einen langen Atem. Den haben wir und der wird jetzt in der Führungsposition von Beate Meinl-Reisinger übernommen.

Zeigt ein Rückzug nach fünf Jahren wirklich langen Atem?

Ich finde ja. Mit Vorlauf waren es ja sieben Jahre. Das ist ein Job, den man sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag macht. Natürlich schläfst du auch, aber ich hab jede Nacht davon geträumt. Da sind sieben Jahre schon lang.

© Stanislav Jenis

Die Nationalratswahl ist noch kein Jahr her. Sie waren Spitzenkandidat, jetzt treten Sie das Mandat ab. Ist das aufrichtig dem Wähler gegenüber?

Ich würde das nicht machen, wenn ich nicht wüsste, dass es mit den Neos gut weitergeht. Dann hätte ich meinen Auftrag verraten. Ich treffe natürlich Leute, die enttäuscht sind – ich sage dann immer, ich folge meinem Herzen und wer mir das verbieten will, verbietet mir meinen Wesenskern; der darf mir auch keine Vorzugsstimme geben.

Woher wissen Sie denn, dass es gut weitergeht?

Wir haben gezeigt, dass ein Parteichefwechsel nicht mit Intrigen und drei Messern im Rücken verbunden sein muss. Die Bevölkerung honoriert das auch, manche Umfragen sehen uns auf acht Prozent.

In Umfragen waren Sie auch früher schon gut; geworden sind es nur 5,3 Prozent. Warum ist das nicht besser gelaufen?

Ich hätte mir auch mehr gewünscht. Aber ich bin zufrieden angesichts der Umstände. Es gab gewaltige Polarisierung, vor allem um die Kanzlerfrage, in der haben wir, wie auch in der Koalitionsfrage, keine Rolle gespielt. Wir müssen wachsen, damit wir da mitspielen können. Aber das geht nicht von heute auf morgen, ein Baum wächst auch nicht schneller, wenn ich daran zieh.

© Stanislav Jenis

Wie nachhaltig sind Neos nach fünf Jahren etabliert?

Neos sind ein gesetzter Faktor, wie wir bei den Landtagswahlen heuer gesehen haben. Und wir waren noch nie so wichtig: Wir sind eine Reformkraft und wir haben zusätzlich einen Kampfauftrag ausgefasst, den Kampf um die liberale Demokratie. Wenn der Innenminister vorschreibt, „schlechte“ Medien nicht mehr mit Informationen zu versorgen, ist das ein Merkmal eines autoritären Staates. Manche in der Regierung haben Orban als Vorbild – der hat Ungarn zur gelenkten Demokratie gemacht, von da ist es nur noch ein Schritt zu Putin. Die Diskussion, ob solche Staaten in der EU Platz haben, werden wir führen müssen.

Haben sie denn Platz?

Ich sage Nein. Wenn Ungarn die zentralen gemeinsamen Werte nicht teilt, muss es gehen.

Gab es inhaltlich etwas, wo Sie glauben, etwas bewegt zu haben?

Ich glaube, dass die Regierung Faymann 2 nur unter Druck der Neos eine Bildungsreform nachgeschoben hat. Nicht so umfangreich, wie wir es gewollt hätten, aber Trippelschritte in die richtige Richtung. Überhaupt ist das Bildungsthema höher gehängt worden unter unserem Druck. Gesamthaft gesehen: ohne uns wäre Sebastian Kurz nicht Bundeskanzler.

Das müssen Sie mir erklären.

Wir haben den Generationenwechsel in der ÖVP bewirkt, ohne uns wäre auch Harald Mahrer nicht Wirtschaftskammerpräsident. Er sollte Vermittlerprovision überweisen.

Kann es sein, dass wir Sie 2022 als Bundespräsidentschaftskandidat wiedersehen?

Im Plan ist es nicht, weil ich nicht weiß, was ich mittelfristig mache. Ich weiß, was ich kurzfristig mache, damit ich ein Einkommen habe. Ich werde in eine Art Selbstständigkeit gehen, im nächsten Jahr werde ich zudem ein Buch- und ein Medienprojekt machen. Ich werde auch ein politischer Kopf bleiben, aber ob in Österreich oder international, weiß ich nicht.