Noch-SPÖ-Chef Christian Kern lässt nun doch wieder die Öffentlichkeit im Unklaren, ob er als Spitzenkandidat für die europäischen Sozialdemokraten bei den EU-Wahlen im Mai antreten will. Auf die Frage, ob er das Amt anstrebe, meinte er in der Zib2: "Das steht am Ende eines Prozesses. Mein Ziel ist es nicht unbedingt. Spitzenkandidat zu sein. Mir gibt es nicht um einen Job."
Was ihn antreibe, sei der Wunsch, Österreich für Europa zu begeistern. "Ich will, dass wir in Europa die richtigen Diskussionen führen, dass wir für die Aufrechterhaltung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eintreten, für die Presse- und Versammlungsfreiheit, und dass wir uns dessen bewusst werden, dass Maßnahmen gegen Einkommensverluste, Migrationsängste und die Hilfe etwa für Afrika nur gemeinsam bewältigt werden können."
Die Österreicher gehörten zu den größten EU-Skeptikern. "Wir müssen ihnen klar machen, dass es um die Zukunft von uns und von unseren Kindern geht."
Kern räumte einmal mehr ein, das Migrationsthema sei der "Grund gewesen, warum er bei der Wahl nicht Erster geworden" sein. De Rückzug von der Innenpolitik sei eine "zutiefst persönliche Entscheidung" gewesen. Nun sei ihm "eine Verantwortung von der Schultern genommen worden." Er sei erfreut darüber, dass die Inthronisierung seiner Nachfolgerin "schneller stattgefunden hat als bei Kurz und Mitterlehner."
Auf die Frage, ob die neu zu kürende Parteichefin, Pamela Rendi-Wagner, das "Heineindreschen mit dem Bihänder" besser beherrschen werde als er, antwortete Kern: "Nein. Aber sie wird ein Team bauen, in dem es auch Leute gibt, die die Arbeit der Zuspitzung beherrschen."
Nach den verhaltenen Zustimmungserklärungen der Wiener SPÖ mit SPÖ-Chef Michael Ludwig hatte Politologe Peter Filzmaier erklärt, das sei eigentlich zum Fürchten. Kern wollte dem nicht beipflichten: Es seien "unfassbare Verschwörungstheorien", die in politischen Zirkeln die Runde machten. "Es ist oft viel einfacher, als man glaubt." Ludwig habe (im Jahr 2020) selbst eine wichtige Wahlauseinandersetzung zu führen, "daher hat er ein genauso großes Interesse an einer Bündelung der Kräfte".