Die neue SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner wird sich für das Parteimanagement ein gutes Team suchen müssen, das sei zentral für ihren Erfolg als Parteichefin, erklärten am Montag Politologen und Meinungsforscher gegenüber der APA. Die Außenwirkung sei noch relativ einfach zu bewerkstelligen, "die wahre Herkulesaufgabe ist die Führung der Partei", wie es Peter Hajek formuliert.
Rendi-Wagner bringt aus Sicht von Meinungsforscher Hajek einiges mit, das gut zur Sozialdemokratie passe: Sie sei gut gebildet, die erste Frau an der SPÖ-Spitze und verfüge über ein gutes Auftreten. Die Außenwirkung sei relativ einfach zu bewerkstelligen: "Das Hauptproblem ist nach innen gerichtet", betonte Hajek.
Erstens müsse die neue Vorsitzende klar machen, welche Politik die SPÖ im nächsten Jahrzehnt verfolgen will. Dann stelle sich die Frage, ob die Partei strukturell für die Zukunft gerüstet ist und was mit den "maroden" Landesparteien etwa in Vorarlberg und Tirol passieren soll. Auch gelte es, Funktionäre hinter sich zu versammeln, die einen auch durch schwierige Zeiten tragen.
"Sie braucht Team, dem sie vertraut"
Zwar verfüge die frühere Sektionschefin über Führungserfahrung: "Vereine ticken aber anders als staatliche Strukturen." Hierzu brauche es Mitstreiter: "Die wahre Herkulesaufgabe ist die Führung der Partei. Der Erfolg von Rendi-Wagner wird davon abhängen, wie sehr sie die Partei unterstützt." Als erstes brauche die neue Obfrau nun ein Team, dem sie blind vertraut. Dieses müsse sich aus "alten Hasen" sowie Querdenkern zusammensetzen. Wichtig werden auch ihre ersten Auftritte als Parteivorsitzende im Parlament sein, denn dabei zeige sich, ob sie der türkis-blauen Bundesregierung "auf die Finger klopft".
Politikwissenschafter Peter Filzmaier attestiert Rendi-Wagner ebenfalls viele Positiv-Eigenschaften, diese würden allerdings zu einer Spitzenkandidatin passen und nicht unbedingt die Haupteigenschaften einer Parteichefin sein. Auch für ihn stellt sich die Frage, ob Rendi-Wagner, die noch nicht einmal Zeit hatte, sich in der Partei gut zu vernetzen, eine so komplexe Masse wie die SPÖ koordinieren kann. Dem roten Parteivorsitzenden bleibe lediglich eine Koordinierungsaufgabe, verwies Filzmaier auf die Statuten. Die Bekundungen aus der Partei, dass alle einhellig für sie sind, sei die "Minimalvoraussetzung".
"Prioritätensetzung fehlte bisher"
Zuletzt habe der SPÖ die thematische Prioritätensetzung gefehlt: "Worüber wollen wir als erstes sprechen und diese Themen müssen konsequent verfolgt werden", so Filzmaier. Im Mittelpunkt sollten die für die SPÖ wichtigen Themen Soziales, Gesundheit, Bildung und Arbeitsplätze stehen - auch wenn diese zur Zeit vielleicht nicht aktuell seien. "Sie muss ihre Partei dazu bringen, diese Strategie konsequent mitzuverfolgen", im Gegensatz zu einem Spektrum von "wir sind die besseren Umweltpolitiker" bis hin zu "können wir ÖVP und FPÖ rechts überholen", gab Filzmaier zu bedenken. Für ihn ist der Zeitfaktor nun auch ein Vorteil, denn die "Schlüsselwahlen" für die SPÖ beginnen erst 2020.
"Einer, der Oppositionspolitik kann"
"Rendi-Wagner ist in gewisser Art eine weibliche Fortsetzung von Christian Kern", stellte Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer fest. Sei sei etwa rhetorisch gut, das Problem sei aber, dass sie in der Partei nicht verankert ist. Wie Kern werde sie es nicht leicht haben, die beiden Flügel in der SPÖ auf einen Nenner zu bringen. "Ganz wichtig ist die Frage, welches Team sie um sich schart, und dieses Team muss die Mankos ausgleichen." Im Generalsekretariat brauche es jemanden, der in der Partei fest verankert ist und Oppositionspolitik kann. "Der Scherbenhaufen ist gleichzeitig eine große Chance für sie", so Bachmayer. Dass Kern bereits erklärt habe, schlechte Umfragen zu erwarten, wertet Bachmayer als Starthilfe für Rendi-Wagner. Jeder steigende Wert würde danach als Erfolg der neuen Chefin gewertet.
Wichtigste Aufgabe Rendi-Wagners sei es nun, Ruhe in die Partei zu bringen und eine Strategie zu entwickeln, die die Lager vereint, verunsicherte Wähler zurückzuholen und neue Wählerschichten anzusprechen. In nächster Zeit stehe keine Bundeswahl an, Gradmesser seien daher zunächst die Umfragen. Und apropos EU-Wahl: "Schauen wir, ob Kern überhaupt Spitzenkandidat wird, das halte ich noch nicht für gegessen, denn der Unmut in der Partei ist groß", meinte Bachmayer.
Dass Rendi-Wagner in der Bevölkerung ganz gut ankam, zeigten ihre Werte als Ministerin. Beim APA-OGM-Vertrauensindex erzielte sie bei ihrem Amtsantritt im März 2017 einen Wert von 6, dieser steigerte sich im Mai auf 10, sank im Juni auf 8, um danach wieder auf 11 zu klettern. Im Oktober 2017, als die Nationalratswahl stattfand, stieg der Wert auf 17. Zum selben Zeitpunkt lag Parteichef Kern bei -1, er verlor im Laufe des Wahlkampfs 14 Punkte im Vertrauensranking.