Bis 16. Juli 2019 müsste Christian Kern an der Parteispitze bleiben, um nicht kürzest dienender SPÖ-Bundesvorsitzender der Zweiten Republik zu sein. Dann wäre er 1.116 Tage im Amt, einen Tag länger als Viktor Klima bei seinem Abgang im Jahr 2000. Kern hat heute, Dienstag, am 815. Tag seiner Amtszeit angekündigt, "spätestens" nach der EU-Wahl den Vorsitz zurückzulegen - und diese findet am 26. Mai 2019 statt.
Somit wird er aller Wahrscheinlichkeit nach wohl doch der SPÖ-Chef mit der kürzesten Amtszeit. Im Vergleich mit anderen Parteien hat er sich allerdings nicht ganz so schlecht geschlagen. Mehr als ein Dutzend Politiker hielten sich in der Zweiten Republik nicht so lang an der Spitze wie Kern. Kurzzeit-Champion ist Mathias Reichhold, der im Jahr 2002 die - damals nach schweren Wahlverlusten arg krisengeschüttelte - FPÖ nur 40 Tage lang führte. Sein Nachfolger Herbert Haupt kam auf nur 611 Tage, bis ihn Ursula Haubner ablöste. Auch sie blieb nur kurz, nämlich 275 Tage bis zum April 2005.
Der erste Parteichef der ÖVP in der Zweiten Republik, Leopold Kunschak, war 1945 nur 144 Tage im Amt - und wurde dann Nationalratspräsident. Nur etwas über ein Jahr hielt sich 1970/71 Hermann Withalm an der ÖVP-Spitze - und auch Wilhelm Molterer (527 Tage 2007/8) sowie Josef Riegler (770 Tage 1992-1994) waren deutlich kürzer ÖVP-Chefs als Kern SPÖ-Chef sein wird.
Bei den Grünen gibt es wegen der früher üblichen Rotation einige, die nur rund zwei Jahre Bundessprecher waren. Aber die Tirolerin Ingrid Felipe ging heuer aus anderem Grund nach nur 114 Tagen an der Bundesparteispitze zurück in die Landespolitik: Sie übernahm gemeinsam mit Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek die Verantwortung dafür, dass die Grünen bei der Wahl 2017 aus dem Parlament flogen.