Die Zukunft der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) wird heute und damit just an jenem Tag vorgestellt, an dem österreichweit gegen ihre Zerschlagung protestiert wird. Angedroht wurde diese im Koalitionspakt der türkis-blauen Regierung, um Einsparungen für die in die AUVA einzahlenden Arbeitgeber im Ausmaß von 500 Millionen Euro zu erreichen.
Gesundheits- und Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) tritt gemeinsam mit ÖVP-Klubchef August Wöginger und AUVA-Obmann Anton Ofner vor die Presse.
Sieben Spitäler, vier Reha-Zentren, 5.000 Mitarbeiter, 370.000 Patienten im Jahr, ein Budget von 1,3 Milliarden Euro - das ist, in Zahlen formuliert, die Unfallversicherungsanstalt.
Die Besonderheit: Sie ist vor allem für Arbeitsunfälle zuständig. Und: Sie wird ausschließlich von den Arbeitgebern finanziert, weil diese gesetzlich dazu verpflichtet sind, Arbeitsplätze sicher zu gestalten, und eine Behandlung im Fall von Arbeitsunfällen sicherzustellen ("Fürsorgepflicht").
"Fakten statt Gerüchte", fordert die Gewerkschaft, und macht heute österreichweit mobil. Am 21. August ist die entscheidende AUVA-Vorstandssitzung, und was dort beschlossen werden soll, wird die Regierung heute - ein paar Tage früher als geplant, um den Demonstranten den Wind aus den Segeln zu nehmen - präsentieren.
Senkung der Beiträge
Die ausschließliche Finanzierung durch die Arbeitgeber war vermutlich eines der Motive, das die arbeitgeberlastig motivierte türkis-blaue Regierung dazu animierte, ein Aufgehen in der Gebietskrankenkasse ins Auge zu fassen (die je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert wird).
Der Arbeitgeberbeitrag für die Unfallversicherung(derzeit durchschnittlich 26 Euro pro Beschäftigtem) wird bis zum Jahr 2022 von 1,3 auf 0,8 Prozent des Bruttolohnes sinken. Das bedeutet eine Senkung der Lohnnebenkosten um 500 Millionen Euro, 100 Millionen davon werden heuer schon schlagend.
Großunternehmen profitieren
Die 500 Millionen sind fast 40 Prozent des Gesamtbudgets der AUVA. Zahlenfüchse haben schon vor Monaten ausgerechnet: Die 100 größten Unternehmen würden 90 Prozent der Lohnnebenkosten-Senkungen lukrieren. Kleine Firmen könnten künftig hingegen um AUVA-Leistungen (Entgeltfortzahlungen, etc.) umfallen.
So wollen die Verantwortlichen der AUVA mit Anton Ofner an der Spitze den Aderlass nun offenbar verkraften:
Wer ist künftig der Zahler?
Die Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall an die Klein- und Mittelbetriebe werden eingestellt - das entspricht einem Betrag von rund 120 Millionen Euro. Die Wirtschaftskammer hat versprochen, dass die Zahlungen anders finanziert werden. Wie, darauf könnte es heute eine Antwort geben.
Weitere 150 Millionen will sich die AUVA laut "Kurier" an Überweisungen an die Krankenkassen ersparen. Sie zahlt dieses Geld als Ausgleich dafür, dass Arbeitsunfälle auch in anderen Spitälern behandelt werden und nicht nur in den eigentlich zuständigen AUVA-Krankenhäusern.
Auch hier gilt: Die Leistungen müssen aus einem anderen Topf finanziert werden, offen ist, aus welchem. Falls bei den Entgeltfortzahlungen und bei den Kosten für die Arbeitsunfälle die Krankenkassen zur Kasse gebeten werden, bedeutet das, dass die Arbeitnehmer 50 Prozent mitfinanzieren. Dieses Geld müsste dann wohl wieder anderswo eingespart werden, will man die Beiträge nicht erhöhen.
Freizeitunfälle
Die AUVA will als Teil des Gesamtpaketes laut "Kurier" aber auch 150 Millionen an Zusatzeinnahmen. Und zwar für die vielen Freizeitunfälle, die in ihren Unfallkrankenhäusern behandelt werden. Von den anderen Kassen werden diese Leistungen derzeit nur zu einem Viertel vergütet. Auch wer diese Leistungen künftig finanziert, ist offen.
Versichert bei der AUVA sind rund 4,8 Millionen Menschen - nicht nur die ArbeitnehmerInnen (2,9 Millionen) und die Selbständigen (0,5 Millionen) sondern auch Kindergartenkinder, Schüler und Studierende (1,4 Millionen) sowie die Angehörigen von freiwilligen Hilfsorganisationen. Dies soll offenbar nicht angetastet werden.
Aufgaben der AUVA:
- Die medizinische Akutbetreuung und die Rehabilitation nach Arbeitsunfällen (nach Arbeitsunfällen gibt es zum Beispiel einen längeren Anspruch auf von der AUVA bezahlte Physiotherapie).
- Die Unfällspitäler sind die Kompetenzzentren für Unfallmedizin.
- Bei langfristigen Gesundheitsschäden zahlt die AUVA eine Unfallrente an die Geschädigten aus.
- Während große Unternehmen meist selbst Arbeitsmediziner und Sicherheitsexperten beanspruchen, müssen kleine Firmen solche Leistungen meist zukaufen oder auf die Experten der AUVA zurückgreifen. Für Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern ist das kostenlos.
Claudia Gigler