Die starke Zuwanderung nach Österreich wird laut der jüngsten Mittelfrist-Prognose des Instituts für Höhere Studien (IHS) weitergehen. Gemäß der vergangene Woche veröffentlichten Prognose, aus dieser der "Standard" heute, Mittwoch, Details zitiert, werden im Jahr 2022 fast eine Million Ausländer am österreichischen Arbeitsmarkt sein.

Waren im Jahr 2015 noch 19 Prozent der Erwerbspersonen in Österreich Ausländer, wird dieser Anteil laut IHS-Berechnungen bis zum Jahr 2022 auf 26 Prozent steigen. Dabei geht es um das "ausländische Arbeitskräfteangebot", also Beschäftigte und Arbeitslose. Im Jahr 2015 gab es 712.158 Ausländerinnen und Ausländer am österreichischen Arbeitsmarkt, im Jahr 2017 waren es 797.863 Personen. Gemäß der IHS-Prognose steigt das ausländische Arbeitskräfteangebot kontinuierlich an und erreicht im Jahr 2022 rund 985.000 Personen.

"Wir brauchen die Zuwanderung"

IHS-Experte Helmut Hofer sieht diese Entwicklung positiv, zumal viele der gesuchten Leute in Österreich nicht zu finden seien. "Wir brauchen die Zuwanderung", verweist er auf den Fachkräftemangel. Die Verdrängung einheimischer Arbeitskräfte halte sich in Grenzen. Der IHS-Experte nennt im "Standard"-Artikel ein Beispiel: "Wenn ein Techniker nicht aus dem Ausland gekommen wäre, heißt das nicht, dass eine derzeit arbeitslose Teilzeitverkäuferin einen Job gefunden hätte."

Fraglich sei, ob der Zustrom aus den osteuropäischen Ländern überhaupt auf dem hohen Niveau bleibe, wachsen doch dort die Löhne angesichts der Verknappung am Arbeitsmarkt stark. "Irgendwann ist das Potenzial ausgeschöpft", sagt Hofer.

Angesichts des Fachkräftemangels werden in Deutschland Erleichterungen für qualifizierte Zuwanderer auf den Arbeitsmarkt überlegt. Der deutsche Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat im "Handelsblatt" entsprechende Vorschläge gemacht: "Ich kann mir vorstellen, dass Menschen, die ihre Deutschprüfungen abgelegt haben und in Deutschland arbeiten wollen, für ein halbes Jahr hierherkommen können, um ihren Berufsabschluss anerkennen zu lassen und einen Job zu suchen", sagte er der Zeitung. Bisher gibt es hohe Hürden für Fachkräfte, die nicht aus der EU kommen. Der Fachkräftemangel könnte in Deutschland zur Wachstumsbremse werden, fürchten Experten. Rund 1,2 Millionen offene Stellen zählt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Deutschland.