Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) hält wenig von dem Vorschlag des Innenministeriums, bis auf wenige Ausnahmen keine Asylanträge mehr auf EU-Territorium zuzulassen. Würden Vorschläge gemacht, müssten sie auch der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechen, sagte er in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag.
Niessl sprach sich dafür aus, nicht nur mit dem deutschen Innenminister Horst Seehofer oder Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban zu verhandeln, sondern gesamteuropäisch zu versuchen, das Migrationsproblem zu lösen. Für Außenstellen an den Grenzen gebe es Konsens, und auch die beschleunigte Frontex-Verstärkung begrüßte er. Wichtig sei, dass man "vom Reden ins Tun" kommen solle. So sei etwa die Balkanroute keineswegs geschlossen.
Im Burgenland werde der Grenzschutz immer schon ernst genommen, und das sei auch wichtig, denn sonst würden die Schlepperrouten in kürzester Zeit wieder dorthin verlagert, so der Landeshauptmann. Dass er damit auf eine ähnliche Schiene setze, wie die Bundesregierung, ließ Niessl nicht gelten: "Es hat mit Populismus nichts zu tun, wenn man die Sorgen der Bevölkerung ernst nimmt."
Nicht nur die Ankünfte von Flüchtlingen bereiten Niessl Sorgen, sondern auch die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU. Er sprach sich für eine Reform aus: In Sektoren mit großer Arbeitslosigkeit sollte die Freizügigkeit reduziert werden, forderte er. Er verwies hier auf Prognosen, die sich nicht bewahrheitet hätten, etwa was die Angleichung des Lohnniveaus in neuen EU-Mitgliedsstaaten betreffe.
Arbeitnehmerfeindliche Politik
Burgenlands Landeshauptmann macht für die aus seiner Sicht arbeitnehmerfeindliche Politik der Bundesregierung vor allem die ÖVP verantwortlich. Diese gehe im Wirtschaftsbereich einen neoliberalen Weg, kritisierte er in der ORF-"Pressestunde". Doch auch die Freiheitlichen, mit denen Niessl auf Landesebene koaliert, nahm er in die Verantwortung.
"Ich frage natürlich, wie lange kann es sich die FPÖ bieten lassen, dass Reformen ausschließlich auf Kosten der Arbeitnehmer durchgeführt werden", so der Landeshauptmann. Darauf angesprochen, ob er dies auch den blauen Landeshauptmannstellvertreter Johann Tschürtz gefragt habe, zögerte Niessl lange. "Er hält sich noch bedeckt", meinte er dann. Der Umgang der Koalitionspartner auf Landesebene sei jedenfalls ein respektvoller.
Niessl verteidigte seine ablehnende Haltung zur letzte Woche im Nationalrat beschlossenen Regelung Arbeitszeitflexibilisierung. Gerade für burgenländische Pendler mit langen Anfahrtwegen zum Arbeitsplatz steige mit dem Zwölf-Stunden-Tag die Belastung. Gleichzeitig verzögere sich der Ausbau der Kinderbetreuung. Vor allem die Vorgangsweise von Türkis-Blau vorbei an den Sozialpartnern verurteilte er. Wenn man von der Konsensdemokratie abweiche und seitens der Regierung den Konflikt suche, sei das für die Entwicklung Österreichs auf Dauer nicht gut. Ein Volksbegehren gegen die Regelung werde er unterschreiben.