Der ÖGB reagierte mit der machtvollen Demonstration auf die Pläne der Regierung zur Ausweitung der Höchstarbeitszeit. Bei bestem Demo-Wetter, also Sonnenschein bei trotzdem moderaten Temperaturen, versammelten sich rund 100.000 Menschen am Wiener Westbahnhof, um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen.

Moralinsauer reagierte vor allem FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache, der über seine Facebook-Seite zunächst nur wenige tausend Demonstranten zu erkennen vermeinte, vorwiegend "SPÖ-Funktionäre unter sich."

Beschluss am Donnerstag?

Beschlossen werden sollen die neuen Arbeitszeit-Regeln kommenden Donnerstag im Nationalrat. Die Gewerkschaft hat für kommende Woche zahlreiche Betriebsversammlungen angekündigt. Bereits am Montag steht der öffentliche Verkehr auch in der Steiermark und in Kärnten vielfach still.

Die Gewerkschaft PRO-GE wird ab Montag unter anderem an den Standorten der voestalpine, bei Böhler, der OMV und der Andritz AG Betriebsversammlungen durchführen. Dabei sollen die Belegschaften "direkt" über die Auswirkungen eines 12-Stunden-Tages informiert werden, teilte die Gewerkschaft am Sonntag in einer Aussendung mit.

Streiks werden nicht ausgeschlossen, zudem erwartet man sich eine sehr harte Herbstlohnrunde. "Die Regierung hat den Schutzcharakter des Arbeitszeitgesetzes nicht verstanden", kritisiert die geschäftsführende Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), Barbara Teiber, am Sonntag in einer Presseaussendung. Den Regierungsparteien gehe es mit dem Gesetz offensichtlich in erster Linie um die Zurückdrängung der betrieblichen Mitbestimmung.

Wenn die Regierung so überzeugt sei, im Interesse der Beschäftigten zu agieren, dann könne doch einem Volksentscheid über ein so wichtiges Gesetz, das die Lebensqualität aller Menschen im Land betrifft, nichts im Wege stehen, führt Teiber aus. Man könne zudem nicht davon ausgehen, dass in einer verschärften Konkurrenzsituation die Arbeitgeber die Möglichkeiten, die ihnen die Regierung bietet, nicht ausnutzen.

Ende der Betriebsvereinbarungen

Laut SPÖ droht durch das von der Regierung geplante Arbeitszeitgesetz auch das Ende der Betriebsvereinbarungen. Der entsprechende Teil in der bestehenden Regelung, der diese Möglichkeit bietet, solle einfach gestrichen werden, sagte Parteichef Christian Kern. Auch - wie üblich - befristete Betriebsvereinbarungen würden nach Ablaufen nicht mehr verlängert.

"Die Regierung verhindert durch ihr neues Gesetz, dass Betriebsvereinbarungen wie bisher abgeschlossen werden können", ist sich Kern sicher. Er beruft sich dabei auf die geplante Streichung von Paragraf 7, Absatz 4, im bestehenden Arbeitszeitgesetz. Und: "Weil bestehende Betriebsvereinbarungen meistens befristet und sehr häufig formal bereits ausgelaufen sind, werden diese dann automatisch durch das neue Gesetz der Regierung ausgehebelt und ersetzt."

Somit werde in unzähligen Betrieben die gültige Betriebsvereinbarung hinfällig und es wird dort flächendeckend die Möglichkeit zur 60-Stunden-Woche eingeführt. "Das ist ein völlig inakzeptabler Angriff auf die Rechte der großen Mehrheit der Österreicher", findet Kern.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sah dies bis zuletzt anders. Er betont, dass bestehende Betriebsvereinbarungen nicht in Gefahr seien.