Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) hat am Montag in Wien eine "BetriebsrätInnen-, PersonalvertreterInnen- und GewerkschafterInnen-Konferenz" abgehalten. Grund dafür ist laut ÖGB, dass die Regierung bei ihrem Vorhaben zur Arbeitszeitflexibilisierung auf eine sozialpartnerschaftliche Einigung verzichtet habe und den Arbeitnehmern Rechte nehmen wolle. Die Stimmung wirkte sehr entschlossen.
Die Mitwirkung von Betriebsräten und Personalvertretern werde "komplett ausgehebelt", kritisiert der ÖGB. "Nein zum 12-Stunden-Tag", lautete ein Hauptmotto der Veranstaltung, zu der viele Hundert Betriebsräte und Co erschienen sind. Beispielsweise wurden "Arschkarten" für Arbeitnehmerinnen in türkis-blauem Design in Anspielung auf die türkis(schwarz)-blaue Bundesregierung und Buttons mit durchgestrichenen 12ern verteilt. Transparente mit "Nein zur 60-Stunden-Woche" wurden genauso in die Höhe gehalten wie solche, die den Zusatz "Streikbereit!" oder "Generalangriff erfordert Generalstreik" drauf hatten.
Scharfe Antwort auf Regierung
Laut ÖGB-Chef Wolfgang Katzian (SPÖ) - er trat als Abschlussredner auf - kamen 1.200 Kolleginnen und Kollegen zur Versammlung. "Wenn rote Linien überschritten werden, wird es entsprechende gewerkschaftliche Schritte geben." Die Vorgangsweise von ÖVP und FPÖ habe er sich "nicht in den schlimmsten Träumen erwartet: Umso schärfer muss unsere gemeinsame Antwort sein". Die Bundesregierung habe die ausgestreckte Hand der Arbeitnehmervertreter weggeschlagen, so Katzian.
Er habe die Regierung gewarnt, dass sich ausgestreckte Hände schnell in geballte Fäuste verwandeln könnten. Dem Skandal werde man sich entgegenstellen. Widerstand werde es "jetzt, am Samstag (Tag einer Demonstration, Anm.) und über den Samstag hinaus" geben. Die Freiwilligkeit im Zusammenhang mit den Arbeitszeitplänen sei die "größte Nebelgranate", so Katzian. Den Begriff Freiwilligkeit gebe es im Arbeitsrecht nicht. Wenn man das längere Arbeiten ablehne, sei man seine Arbeit schnell los. Die wichtigsten Errungenschaften der Arbeitnehmer in den vergangenen 100 Jahren würden von der Bundesregierung frontal angegriffen. Freizeitblöcke würden nicht selbstbestimmt, eine Viertagewoche werde es nicht geben für längere Tagesarbeitszeiten.
"Riesen Provokation"
Harald Funovits, Vorsitzender des Vertrauenspersonenausschusses Wien, Niederösterreich und Burgenland der A1 Telekom von der Post- und Fernmeldegewerkschaft (GPF), forderte eine gerechte Verteilung der Arbeitszeit, denn dadurch könnten richtig viele Jobs neu geschaffen werden. Er ging auf die "riesen Provokation" der Industriellenvereinigung ein, ein großes Transparent vor dem ÖGB aufzustellen, wonach der generelle 12-Stunden-Tag ein Märchen sei. Er drohte offen mit Streik: "Wir drah'n eich die Hitt'n oh!" (Wir drehen euch die Hütte ab, Anm.) - ohrenbetäubender Applaus.
Katrin Lukac (GPA-djp), Betriebsrätin der Modekette Zara, sagte: "Bei uns ist es jetzt schon schwierig. 90 Prozent bei uns sind Frauen, viele sind Mütter oder Studentinnen. Wir müssen jetzt schon total flexibel sein beim Einteilen der Dienste. Ich bin selbst alleinerziehende Mutter und halte einen 12-Stunden-Tag für unmöglich."
Die Kindergartenpädagogin Judith Hintermeier von der Gewerkschaft younion erzählte, dass schon viele Kinder länger als 10 Stunden in den Kindergärten seien. "Wie machen das dann die Eltern, wenn sie länger arbeiten müssen. Es geht auch um die Frage, wie geht es dann den Kindern, für sie ist ein Kindergartentag auch ein Arbeitstag." Bald werde der Kindergarten Familienersatz, "und so soll es aber wirklich nicht sein".