Sie kennen sich von früher, aus der ÖVP. Beide hatten etwas andere, munterere Visionen von der betagten Partei. Beate Meinl-Reisinger hatte Erfahrungen in der besonders vergreisten Wiener Landesgruppe gesammelt, Matthias Strolz hätte für diese Reformen ausarbeiten sollen. Beide fanden, da geht nichts weiter, und gingen. Das war 2012. 2013 saßen die beiden mit ihrer neuen Partei auf Anhieb im Parlament. Der überraschende Senkrechtstart der Neos war eine Reaktion der Wähler auf die Erstarrung der ÖVP unter Michael Spindelegger.
In der Zwischenzeit ergab sich für sie die Möglichkeit, auf der grünen Wiese eine Wiener Landesgruppe der neuen Partei aufzubauen. Sie, die ihre Stärke eher im Marketing, in der Strategie gesehen hatte, sagte Ja. Und auch in Wien gelang die Übung auf Anhieb. 2017 kandidierte sie wieder für den Nationalrat, blieb aber im Gemeinderat. Heute wird die Mutter zweier kleiner Töchter, die mit einem Richter verheiratet ist, in die großen Schuhe des Parteigründers steigen.
Was den Gründer und seine Nachfolgerin eint, ist die Energie. Meinl-Reisinger, die für Othmar Karas in Brüssel gearbeitet hatte und für Christine Marek erst im Familienministerium, dann als glücklose Wiener Spitzenkandidatin, kann genauso angriffig und kampflustig agieren wie ihr Vorgänger, dessen Stellvertreterin sie seit der Gründung der Neos war. Nur die Neigung von Strolz, sein Innerstes nach außen zu kehren, ist ihr fremd.
Den Klub übernimmt die 40-Jährige übrigens erst Ende September, wenn Strolz ausscheidet. Es sei denn, Wien wählt vorzeitig, dann will sie dort in den Wahlkampf ziehen.
Thomas Götz