Die Türkisch Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich, kurz ATIB, vertritt über 60 Vereine mit über 100.000 Mitgliedern in ganz Österreich. ATIB fungiert als Dachverband und koordiniert die religiösen, sozialen und kulturellen Tätigkeiten der türkisch-islamischen Moscheegemeinden in Österreich. ATIB stand immer wieder unter türkischem Nationalismusverdacht und bestätigte nun, dass Imame in Österreich ihr Gehalt aus der Türkei beziehen.
ATIB ist der größte muslimische Verband in Österreich und gibt damit seit einigen Jahren auch den Ton in der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) an. Seit 2016 stellt man mit Ibrahim Olgun den Präsidenten der IGGÖ. Bei anderen muslimischen Gruppen stieß die türkische Dominanz seither wiederholt auf Kritik. Eine der stärksten internen Kritikerinnen des türkischen Verbandes, die Arabische Kultusgemeinde, wurde nun aber ihrerseits aufgelöst - wegen angeblicher salafistischer Tendenzen.
ATIB vertritt den sunnitischen Islam und stellt den Moscheegemeinden staatliche Imame aus der Türkei zur Verfügung. Der Verband gilt als verlängerter Arm der türkischen Religionsbehörde Diyanet und Erdogans AKP-Partei. Während man sich selbst eher als Kulturverein definiert, sehen Gegner die Organisation als Hort von Islamisten. Ziel von ATIB sei es, türkische Werte in Österreich zu etablieren und den Koran zu verbreiten, so der Vorwurf. Dass immer wieder versucht werde, ATIB mit diesen Positionen in Verbindung zu bringen, ändere nichts an der gefestigten Einstellung von ATIB als Hüter von demokratischen Werten, hieß es dazu seitens des Vereins.
In Wien sorgte vor wenigen Wochen eine ATIB-Moschee für Aufregung, die eine in der Türkei ausgetragene Schlacht aus dem Ersten Weltkrieg mit Kindern in paramilitärischen Tarnanzügen nachstellte. Kritiker warfen der Organisation in der Vergangenheit auch Spionage und Bespitzelung von in Österreich lebenden Türken für das Regime des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor. Von dort wird ATIB auch finanziell unterstützt, was ein Sprecher in Österreich am Freitag auch bestätigte. Begründet wurde dies damit, dass es in Österreich keine adäquate Ausbildung für Imame gebe. Zuvor hatte die Bundesregierung mitgeteilt, dass bis zu 40 ATIB-Imame in Österreich aufgrund des Verstoßes gegen die im Islamgestz verbotene Auslandsfinanzierung ihren Aufenthaltstitel verlieren könnten.
ATIB wurde Anfang der 1990er Jahre gegründet. Hinter ATIB verbirgt sich der türkische Name Avusturya Türkiye ?slam Birli?i (Österreichisch türkische islamische Vereinigung). Der Dachverband organisiert Pilgerfahrten nach Mekka, bietet Bildungs- und Kulturangebote und leistet Beerdigungshilfe wenn es der letzte Wunsch von Verstorbenen ist, in der alten Heimat begraben zu werden.