Die Regierung will die Mindestsicherung neu regeln. Hier die Fakten:
Was ist die Mindestsicherung?
Die "bedarfsorientierte Mindestsicherung" ist eine Sozialleistung - sie ist allen, die sie brauchen, zu gewähren, unabhängig von Aufenthaltsdauer und allfälliger vorheriger Sozialversicherungsdauer. Das ist europäisches Recht, und das hat der Oberste Gerichtshof bestätigt (keine Wartezeit). Er hat auch bestätigt, dass es keine Deckelung geben kann, sondern jedes Mitglied innerhalb einer Familie etwa gesondert zu berücksichtigen ist.
Wie ist die Mindestsicherung geregelt?
Bundesweit unterschiedlich, weil die FPÖ vor einigen Jahren fragte, ob das jetzige Modell gerecht sei und die Länder sich dann auf keine einheitliche Vorgangsweise mehr einigen konnten. Jetzt will die Bundesregierung anstelle eines Bund-Länder-Vertrags selbst ein verbindliches Gesetz vorlegen. In der Begutachtung haben die Länder die Möglichkeit, dazu Stellung zu beziehen.
Was wollten die Länder?
Sieben Bundesländer orientierten sich am Vorarlberger bzw. am steirischen Modell:
- 860 Euro Mindestsicherung
- ein geringerer Betrag für Zuwanderer für eine gewisse Zeit vom Erhalt der Asylberechtigung bis hin zur ersten Integration sowie für Menschen, die mit Geld nicht umgehen können
- zusätzliche Sachleistungen (z.B. fürs Wohnen) für diese Menschen
- abgestufte Berücksichtigung von Kindern mit gesonderten Kinderzuschlägen (die geringer werden, je mehr Kinder eine Familie hat)
Niederösterreich tendiert ebenfalls in diese Richtung, da der VfGH die niederösterreichische Regelung aufgehoben hat. Oberösterreich hofft noch auf einen anderen Ausgang eines ähnlichen Verfahrens beim EUGH.
Was will der Bund?
Der Bund wollte Deckel und Wartefrist (um das Wahl-Versprechen "für mehr Gerechtigkeit" einzulösen) und bastelt jetzt an einer Regelung, die verfassungskonform ist.
Außerdem möchte der Bund die Kosten auf die Länder und Gemeinden überwälzen, indem er die Notstandshilfe (finanziert von Arbeitnehmern und Arbeitgebern über die Arbeitslosenversicherung, abgewickelt vom AMS) abschafft und Arbeitslose nach einer bestimmten Zeit in die Mindestsicherung überträgt (finanziert von Ländern und Gemeinden).
Was bedeutet das für die Länder?
Die Länder Kärnten und Steiermark rechnen mit erheblichen Mehrkosten: Kärnten mit 70 statt 17 Millionen Euro (laut SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser), die Steiermark mit 130 statt 40 Millionen (laut SPÖ-Soziallandesrätin Doris Kampus).
Was bedeutet es für die Betroffenen?
Arbeitslose, insbesondere Langzeitarbeitslose, die den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt nicht schaffen, bekämen weniger Geld. Sie würden in der Zeit der Arbeitslosigkeit - im Gegensatz zu bisher - auch keine Pensionsmonate mehr sammeln. Und sie dürften - im Gegensatz zu bisher - nichts mehr dazuverdienen.
Arbeitslose mit mehr als 30 Versicherungsjahren sollen allerdings in der Mindestsicherung verbleiben dürfen.
Wie hoch ist die Belastung durch Ausländer wirklich?
Bei den Beziehern von Mindestsicherung ist der Anteil der Ausländer (Asylberechtigte und subsidiär Schutzbedürftige) überdurchschnittlich hoch. In Kärnten sind es 30 Prozent, in der Steiermark 41 Prozent. Zwei Drittel aller Mindestsicherungsbezieher sind übrigens "Aufstocker", die nicht die volle Mindestsicherung erhalten, sondern eine Zuzahlung zu ihrem geringen Einkommen. Die Asylberechtigten hingegen sind meist vollunterstützt, bekommen also den vollen Betrag, weil sie keine anderen Einkommen haben.
Claudia Gigler