Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) über aktuelle innenpolitische Themen.

"Zeit, um Bilanz zu ziehen", erklärt Kanzler Sebastian Kurz gleich zu Beginn der "türkis-blauen" Pressekonferenz. 

"Wir werden umsetzen, was wir versprochen haben", sagt Kurz. Konkret heiße das, dass der Fokus auf drei großen Reformprojekten liege:

1) Bundeseinheitliche Neugestaltung der Mindestsicherung

2) Verwaltungsreform

3) Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger

Eine erste Einschätzung des Innenpolitikchefs der Kleinen Zeitung, Michael Jungwirth, zu den heute konkretisierten Reformvorhaben der Bundesregierung:

Die Regierung setzt die Länder bei der Mindestsicherung unter Druck. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gab bekannt, dass man nicht auf die von den Sozialreferenten für Ende Juni angekündigten Reformvorschläge warten werde, sondern selbst mit 1. Juni einen Begutachtungsentwurf vorlegen werde.

Zeitplan für Reformen bis Sommer: Regierung macht Druck

Kurz erklärt, in Österreich würde es mittlerweile so viele Mindestsicherungsbezieher geben, wie das Burgenland Einwohner hat. Da brauche es eine Veränderung. Deshalb werde diese Sozialleistung nun per Bundesgesetz harmonisiert, er wolle nicht auf eine Einigung der Länder warten.

Kritik aus den Ländern

Die derzeitige Vorsitzende der Soziallandesräte, Doris Kampus aus der Steiermark, kritisiert diese Vorgehensweise, da die Länder sich mit der Sozialministerin Beate Hartinger-Klein sich erst jüngst in Leoben auf eine andere Variante geeinigt hatten: Die Länder sollten bis zum Sommer eine einheitliche Mindestsicherung verhandeln und der Ministerin vorlegen. Kurz habe die Länder nun total brüskiert und auch seine Sozialministerin, deren Wort offenbar in der Bundesregierung nichts wert sei.

Tempo macht die Regierung auch, was die Reform der Sozialversicherung betrifft. Maximal fünf Kassen soll es künftig geben, durchaus auch weniger, wie der Vizekanzler betonte. Einen entsprechenden Gesetzesvorschlag will die Regierung in der ersten Mai-Hälfte vorlegen.

Dass es Widerstand geben wird, ist Kurz bewusst. Den Grund dafür sieht er bei Funktionären gelegen, deren Posten es bei einer Reduktion der Kassen nicht mehr geben werde. Ob die Regierung sich auch in den Gremien der Sozialversicherung aktiver einbringen wird, blieb offen. Die Selbstverwaltung an sich sehe er positiv, erklärte der Kanzler. Es werde aber eine Neuaufstellung der Gremien im Zug der Reform stattfinden. Einmal mehr dementiert wurden von Strache Befürchtungen, dass es zu einer Auflösung von Unfallkrankenhäusern und Reha-Zentren kommen könnte.

Verwaltungsreform

Dritter Schwerpunkt der Koalition bis zum Sommer sind Verwaltungsreform und Deregulierung. Unter anderem sollen die Berichts- und Meldepflichten reduziert werden. Verwaltungsübertretungen dürften nicht mehr zu existenzbedrohenden Strafen führen, wie Kurz befand. Die Wartezeiten bei Amtswegen wiederum sollten reduziert werden und vieles soll künftig elektronisch machbar sein.

Die bisherige Arbeit der Koalition bilanzierten Kanzler und Vizekanzler positiv und sahen sich auch durch die Zugewinne ihrer Parteien bei den heurigen Landtagswahlen bestätigt. Kurz verwies auf eine rund zehnjährige Niederlagen-Serie der ÖVP, die seit der Nationalratswahl beendet sei. Strache hob hervor, dass es der FPÖ erstmals gelungen sei, auch nach einem Regierungseintritt auf Bundesebene bei Wahlen zu reüssieren.