Vertreter der anderen Parteien sagen hinter vorgehaltener Hand: Wenn die kleinen Parteien nicht in den Landtag kommen, macht die ÖVP die absolute Mehrheit. Was sagen Sie denen?
GÜNTHER PLATTER: Das ist wahltaktisches Geplänkel und entspricht nicht der Realität. Unser Ziel ist es, gegenüber 2013 Stimmen zu gewinnen und die 40-Prozent-Marke zu knacken.
Dass der nächste Landeshauptmann Günther Platter heißt, steht also außer Zweifel. Alle Fragen sich jetzt: Mit wem wird die ÖVP koalieren?
PLATTER: Da kommt es mir nicht auf die Farbe an, sondern auf die Inhalte. Die ÖVP hat sich in den letzten 70 Jahren immer als moderne Partei präsentiert. Und die Tiroler wollen sich darauf verlassen können, dass das auch in Zukunft so bleibt.
Die Bürger sind offensichtlich zufrieden mit der aktuellen Situation. Nur der überbordende Transitverkehr macht ihnen Sorgen, Wie wollen Sie den bekämpfen?
PLATTER: Da sind wir auf einem guten Weg. Beim Transitgipfel in München haben wir vereinbart, dass die Lkw-Maut zwischen Kufstein und Verona kräftig angehoben wird, um den Transit auf der Straße weniger attraktiv zu machen. Auch die deutsche Zulaufstrecke soll teurer werden. Aber da müssen wir noch Überzeugungsarbeit leisten. Aber immerhin haben die Bayern akzeptieren müssen, dass wir an verkehrsreichen Tagen die Blockabfertigung weiterführen.
Als die ÖVP vor fünf Jahren eine Koalition mit den Grünen abgeschlossen hat, haben Beobachter dieser Koalition wenig Überlebenschancen gegeben. Wie hat's funktioniert?
PLATTER: Wir haben einige richtungsweisende Vorhaben realisiert. Als Beispiel verweise ich auf das Jahresticket für den öffentlichen Verkehr, das schon 140.000 Tirolerinnen und Tiroler nutzen.
Das bedeutet, dass die Koalition mit den Grünen weitergeführt wird?
PLATTER: Da gibt es keinen Automatismus. Wir müssen zuerst abwarten, wie der Wähler dieses Regierungsmodell bewertet. Die Koalition mit den Grünen beruht auf einem Fünfjahresvertrag. Diese Frist läuft jetzt ab.
Vor einigen Monaten hat die Brennergrenze für Schlagzeilen gesorgt, als ein Minister sogar Panzer hinschicken wollte. Was ist der aktuelle Stand?
PLATTER: Wir haben Vorsorge getroffen. Sollte der Flüchtlingsstrom wieder anwachsen, könnten wir innerhalb von 24 Stunden systematische Grenzkontrollen und Registrierungen durchführen. Außerdem sind im Brennergebiet 180 Polizisten im Einsatz, die dafür sorgen, dass es keine illegalen Grenzübertritte gibt.
Fehlen diese Polizisten dann nicht in den Inspektionen am Land?
PLATTER: Ja, deshalb habe ich den Innenminister aufgefordert, von den 2100 neuen Polizisten, die er anstellen will, mindestens 300 für Tirol vorzusehen. Weitere 150 befinden sich bereits in Ausbildung.
Bei der Wahlwerbung der ÖVP im ganzen Land fällt auf, dass nirgends die Farbe Türkis verwendet wird, die Bundesparteiobmann Kurz für die neue ÖVP ausgewählt hat. Warum ist das so?
PLATTER: Wir in Tirol sind es gewohnt, einen eigenständigen Weg zu gehen. Der Bundesobmann hat sich in unsere Wahlbewegung auch nicht eingemischt. Aber er unterstützt uns, wo er kann. So ist er etwa dieser Tage bei einer Wahlveranstaltung am Hauptplatz von Lienz aufgetreten.
In den letzten Wochen hat die Diskussion über eine mögliche Doppelstaatsbürgerschaft für Südtirol Diskussionen ausgelöst. Wie stehen Sie dazu?
PLATTER: Im Südtiroler Landtag hat es einen diesbezüglichen Beschluss gegeben. Und ich habe meinem Landeshauptmann-Kollegen Arno Kompatscher versichert, dass Nordtirol die Anliegen seiner südlichen Nachbarn unterstützt, wie es das auch bisher getan hat.
Sie sind jetzt seit zehn Jahren Landeshauptmann. Wie sieht Ihre weitere Lebensplanung aus?
PLATTER: Solange ich mich beim Aufstehen am Morgen darauf freue, wieder meinem Heimatland zu dienen, sehe ich keinen Grund, auf mein Amt zu verzichten. Ich bin seit 1986 in der Politik und habe alle möglichen Funktionen ausgeübt, vom Gemeinderat und Bürgermeister in meinem Heimatort Zams über den Tiroler Landesrat bis hin zum Innen- und Verteidigungsminister. Aber ich habe mich um keines dieser Ämter beworben, bin immer gebeten worden.
Welche war bisher die schönste Funktion in Ihrem politischen Leben?
PLATTER: Da brauche ich nicht lange nachzudenken. In der Funktion als Landeshauptmann kann man am meisten für die Menschen tun. Und auch die Geografie passt. Wenn man auf einem Tiroler Berggipfel steht, kann man weit über die Grenzen hinausblicken. Das prägt die Entscheidungen.
Robert Benedikt