Pünktlich um 9:30 Uhr eröffnete Richterin Marion Hohenecker den letzten Sitzungstag vor der Weihnachtspause. Auf dem Programm stand die Fortsetzung der Einvernahme des bisher wichtigsten "Zeugen" und gleichzeitig Angeklagten Peter Hochegger. Auch die Ersatzrichter und die Schöffen dürfen ihm Fragen stellen, die Befragung der Richterin nahm jedoch den gesamten Sitzungstag in Anspruch.

Die Richterin beginnt mit Nachfragen nach der Preis-Information, die Hochegger an Immofinanz-Chef Karl Petrikovics weitergeleitet hatte. Diesem sei der Preis vorher nicht bewusst gewesen. Angesprochen auf Berner, der ausgesagt hat, dass Hochegger ihn in den Plan der vier Hauptangeklagten (bei den Privatisierungen abzucashen) eingeweiht hatte, sei unwahr. "Das stimmt hinten und vorne nicht."

Warum behauptet Meischberger, dass ihm alle drei Konten in Liechtenstein - zwei davon ordnet die Staatsanwaltschaft Ernst Karl Plech und Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser zu - gehören, fragt Hohenecker? Der Ex-Lobbyist könne sich das nicht erklären. Apropos: Die Richterin bittet Hochegger, ihr zu erklären, was "Lobbying" genau ist. "Andere davon zu überzeugen, dass die Argumente, die man vorbringt, gut sind", antwortet der Angeklagte.

Eine "akzeptable Wahrheit"

Die Richterin klopft Hochegger nun auf seine Glaubwürdigkeit ab. Mache er seine aktuellen Aussagen "nur aus taktischen Gründen", wie damals, als er einem Journalisten die Unwahrheit gesagt hatte, als der ihn nach der Causa gefragt hat? Nein, antwortet dieser, und dem Journalisten habe er eine "akzeptable Wahrheit" gesagt.

Und es geht wieder um den Buwog-Verkauf. Hochegger sei damals überrascht gewesen, dass das Immofinanz-Angebot nur knapp mehr war als das der Konkurrenz. Wir erinnern uns: Die CA-Immo bot damals 960 Millionen Euro, die Immofinanz bot 961 Millionen und erhielt den Zuschlag. "Ich hätte schon erwartet, dass es um ein paar Millionen mehr sein werden."

Jetzt sind wir bei den Scheinrechnungen, die gestellt wurden, um die Provision zu verschleiern. Seine Leistung - also der Tipp im Buwog-Verkauf - habe mit diesen Rechnungen nichts zu tun. "War es Ihnen egal, wo das Geld herkommt?" Hochegger bejaht, es sei nur wichtig gewesen, dass "am Ende des Tages das Geld herein kommt". Eine solche Rechnung wird an die Wand geworfen, Richterin Hohenecker findet es "nicht sehr einfallsreich", dass die Rechnungsnummer mit dem Datum ident ist.

"Das habe ich bereits ausgesagt"

Vieles wiederholt sich heute, "das habe ich bereits ausgesagt", wiederholt Hochegger immer wieder. Die Richterin muss mit Hochegger die Einvernahmen aber durchgehen. So wie jetzt, als sie ihm einen Widerspruch zwischen alten Aussagen und seinen Worten aus der gestrigen Sitzung aufzeigt. Es geht um Gespräche mit Meischberger, an die er sich erst gestern wieder erinnern könne. "Sie sind also mit den Jahren klüger geworden - präziser in Ihren Erinnerungen?", fragt die Richterin. Ja, sagt der Angeklagte.

Die Vernehmung von Hochegger bringt zu Tage, dass seine Mitarbeiter und sein Bruder wenig begeistert davon waren, dass die Agentur so viel mit Meischberger zusammengearbeitet hatte. Das würde die Agentur in die Nähe der FPÖ stellen, soll es geheißen haben. Und wieder kommt Willi Berner ins Spiel. Er hat eine Skizze angefertigt, auf die die Staatsanwaltschaft ihren Vorwurf des "Tatplans" der "Viererbande" stützt. Diese Skizze sei falsch, wiederholt Hochegger vehement.

Aussagen-Wechsel: "Das war die Unwahrheit"

Nach einer Mittagspause nimmt Hochegger wieder im Zeugenstand Platz, Richterin Hohenecker macht mit ihrer Befragung weiter. Unter anderem erfahren wir, dass er mit Meischberger nach dessen Selbstanzeige 2009 keinen Kontakt mehr hatte. Mit Grasser hatte er schon zuvor keinen Kontakt mehr. Die Richterin geht nun die Aussagen von Hochegger weiter durch, stellt ab und zu Nachfragen. Immer wieder kommen hier auch frühere Aussagen zur Sprache, in denen Hochegger bestreitet, etwas von Geldflüssen an Plech gewusst zu haben. "Das war die Unwahrheit", sagt Hochegger, der ruhig und bewegungslos vor der Richterin sitzt und das Mikrofon festhält.

Jetzt wird die Causa Terminal Tower wieder gestreift, 200.000 Euro Provision sollen hier geflossen sein. Hochegger bestätigt, dass er 20.000 Euro einbehalten und die restlichen 180.000 Euro an "die Drei", also Grasser, Meischberger und Plech, weitergeleitet hatte. Damals habe er das nicht gewusst, in Einvernahmen habe er davon erfahren. Nachdem Hochegger dem Gesagten nichts mehr hinzufügen will, beendet Richterin Hohenecker ihre Befragung. Jetzt folgt ein Antrag, "ich bin ja flexibel", sagt Hohenecker. Mit den Worten "gut, nächstes Jahr", schloss Hohenecker die letzte Sitzung. Der Prozess im Wiener Straflandesgericht wird am 9. Jänner fortgesetzt. 

Grasser und sein Anwalt Manfred Ainedter sind im Übrigen alles andere als glücklich über Hocheggers Aussagen, sie zeigten sich am Dienstag "enttäuscht".

Das hat Hochegger am Vortag ausgesagt

Schon die bisherigen Aussagen des Lobbyisten hatten es in sich. Eine Chronologie der Geschehnisse aus Hocheggers Sicht.

Buwog-Verkauf

2004 sei Walter Meischberger – Zweitangeklagter und Grasser-Trauzeuge – bezüglich des Buwog-Verkaufes auf ihn zugekommen, weil er damals gute Kontakte zur Immofinanz – die schlussendlich den Zuschlag für die Bundeswohnungen erhalten würde – gehabt habe. Meischberger habe ihm eine Million Euro als Lohn für seine Arbeit in Aussicht gestellt – „eine ordentliche Karotte“ nennt Hochegger das Angebot. „Das Geld hat sofort gezogen?“ fragt Richterin Hohenecker nach. „Ja, das Geld hat sofort gezogen.“ Er habe Meischberger damals aber gleich zu Beginn gesagt, dass er „kein großer Fachmann“ im Vergabebereich sei. Meischberger habe abgewunken und versprochen, die „notwendigen Informationen“ zu liefern. Ihm, Hochegger, sei damals auch klar gewesen, dass der dritte Angeklagte, Immobilienmakler Ernst Karl Plech, mitgemischt habe.

Meischberger sei es auch gewesen, der ihm nach der ersten Bieterrunde gesagt habe, wie viel – im geheimen Verfahren – für die Buwog geboten wurde. Mit der Information, jedenfalls über 960 Millionen Euro bieten zu müssen, sei er zum damaligen Immofinanz-Chef Karl Petrikovics gegangen. Am 14. Juni fiel die Entscheidung, die Immofinanz bot 961 Millionen Euro und erhielt den Zuschlag. „Wir haben gewonnen“, soll Meischberger freudig verkündet haben, erinnert sich Hochegger.

Und schon sind wir beim nächsten Thema: die Scheinrechnungen für die Provision. Seine wahre Leistung, also die Info-Weitergabe im Buwog-Deal, habe mit diesen Rechnungen nichts zu tun, sagt Hochegger. "War es Ihnen egal, woher das Geld kommt?" Hochegger bejaht, es sei nur wichtig gewesen, dass "am Ende des Tages das Geld kommt".

Die Provision

Eigentlich wurde vertraglich festgelegt, sagt Hochegger, dass ein Prozent des Verkaufspreises, also 9,6 Millionen Euro, als Provision an ihn gehen soll. Doch es habe mit Petrikovics Gespräche über die geeignete Auszahlung des Geldes gegeben, was „nicht üblich“ sei. Man habe ihm diese damals in Form eines Schlosses zukommen lassen wollen, was Hochegger abgelehnt habe. Schlussendlich habe man sich darauf geeinigt, das Geld über Hocheggers Firma „Astropolis“ in Zypern abzuwickeln.

Die Konten

Meischberger habe Hochegger aufgetragen, 20 Prozent der Provision einzubehalten und die restlichen 80 an die drei Konten „Natalie“ (wird Meischberger zugeordnet), „Karin“ (soll Plech gehören) und „400.815“ (wird Grasser zugeordnet) zu überweisen. Wie ihm ein Banker der Hypo-Vorarlberg mitgeteilt habe, der Hochegger für die Zahlungsabwicklung zur Seite gestellt worden war, gehörte das dritte Konto „Herrn Grasser“. Mit dieser Aussage bestätigt Hochegger die Argumentation der Staatsanwaltschaft – und belastet den Ex-Finanzminister damit schwer. Auch mit folgender Aussage: Meischberger habe ihm 2007 bei einem Besuch auf Ibiza im Hinblick auf den Buwog-Deal gesagt: „Ohne Karl-Heinz hätten wir das nie geschafft.“ Da sei ihm klar gewesen, dass Grasser definitiv involviert war.
Daraufhin sei Hochegger panisch geworden, er wolle davon nichts wissen, habe er dem Banker gesagt. Später habe Hochegger dann gewusst: „Ich habe ein Problem. Ich war nicht couragiert genug, aus dem Deal auszusteigen. Ich wollte auf meine Provision nicht verzichten und habe mich von der Gier treiben lassen.“

Die Selbstanzeige

Im Jahr 2009 erstatteten Hochegger und Meischberger Selbstanzeige – weil sie die Millionen-Provision nicht versteuert hatten. Hochegger erklärt, dass ihn damals ein Journalist informiert hatte, dass die Sache medial hochkochen werde. Daraufhin habe er Meischberger getroffen, der ihn überreden wollte, die alleinige Verantwortung zu übernehmen. Dieser habe ihm zudem neue Aufträge in Aussicht gestellt. Meischbergers Verteidiger hatte sich vor wenigen Tage noch im Prozess darauf berufen, dass der Betrag gar nicht zu versteuern gewesen sei. Stimmt nicht, sagt Hochegger. Die Anwälte hätten sofort gesagt, dass es sich um Steuerhinterziehung gehandelt habe.

Die Läuterung

Warum Hochegger diese „Lebensbeichte“ erst Jahre später ablegt, will die Richterin wissen. Er wolle mit der Sache abschließen, erklärt dieser. „Ich habe mitgeholfen, dass ein Amtsträger aus einem Geschäft der Republik 2,4 Millionen Euro kassiert hat.“ Sein heutiges Verhältnis zu seinen Mitangeklagten sei neutral, er wünsche „niemandem etwas Böses“. Dennoch sei das Verhältnis nach seinem Teilgeständnis „deutlich abgekühlt.“

Richterin Hohenecker hakt bei ihrer Befragung immer wieder kritisch nach, „das hier ist ein Strafprozess“, mit „Hören-Sagen-Geschichten“ könne sie nichts anfangen. Plech schüttelt während Hocheggers Aussagen immer wieder den Kopf, Meischberger zuckt mit den Schultern, Grasser folgt den Aussagen mit steinerner Miene. Alle drei beraten sich immer wieder mit ihren Anwälten. Nachdem die Sitzung beendet ist, meldet sich Meischberger gegenüber Journalisten zu Wort. Hocheggers Teilgeständnis sei „der PR-Trick eines PR-Mannes“, der sich mit einem Märchen Strafminderung erkaufen wolle.