Der sechste Verhandlungstag im Buwog-Prozess um Hauptangeklagten und Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser brachte eben diesen ordentlich in Bedrängnis. Denn sein ehemaliger Freund und Geschäftspartner Peter Hochegger belastete Grasser schwer. Den detaillierten Live-Blog zur Verhandlung finden Sie >>hier<<. Grasser soll Inhaber des ominösen dritten Kontos in Liechtenstein sein - und damit von der Causa Buwog profitiert haben. Morgen Donnerstag geht die Befragung von Hochegger weiter.

Hochegger-Aussagen sind "Fake News"

Der im Korruptionsprozess gegen den ehemaligen Finanzminister und 13 weitere Angeklagte vom Beschuldigten Peter Hochegger genannte ehemalige Bankberater des Mitangeklagten Walter Meischberger hat in der "ZIB 1" des ORF am Mittwochabend die Hochegger-Aussagen als "Fake News" bezeichnet. Mehr wolle er im Moment dazu nicht sagen, weil er auch als Zeuge geladen sei.

Was am Mittwoch geschah

Richterin Marion Hohenecker ließ sich gestern nicht entlocken, welcher Zeuge als Erster im Zeugenstand Platz nehmen muss. Damit war die Spannung im Vorfeld des sechsten Tages im Buwog-Prozess um Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 14 weitere Angeklagte umso größer. Nachdem die letzten zwei Verteidiger ihr Eröffnungsplädoyer gehalten hatten - und nach einer schier nicht enden wollenden Beratungspause -, lüftete Richterin Hohenecker das Geheimnis: Peter Hochegger muss als erster Angeklagter im Buwog-Prozess aussagen und sich den Fragen stellen. Er nahm - wieder mit einem Getränk der Marke "innocent" (zu Deutsch "unschuldig") - im Zeugenstand Platz.

"Ich bekenne mich teilschuldig"

Die Befragung durch Hohenecker beginnt mit der Frage nach dem Schuldbekenntnis - Hochegger: "Ich bekenne mich teilschuldig." Die Richterin fragt, warum Hochegger eine Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung eingebracht habe. Der Angeklagte erzählt weiter, dass er per Handy informiert worden sei, dass die Geschichte um die Millionen-Provision medial hochkocht. Er habe sich dann mit Meischberger getroffen, dieser habe ihn überreden wollen, dass Hochegger allein die Verantwortung übernimmt. Denn wenn Meischbergers Name auftauchen würde, werde die Verbindung zu Grasser leicht herzustellen sein, erklärte dieser. Meischberger habe zudem erwähnt, dass sich durch die Schuldübernahme das "schlechte Verhältnis" zu Grasser bessern könne und Hochegger neue Aufträge winken könnten. Wie ist das Verhältnis zu Grasser heute? "Wir haben uns hier die Hand geschüttelt, wie das üblich ist." Das Gleiche gelte für Meischberger, "meine Ankündigung meines Teilgeständnisses hat das Verhältnis natürlich stark abgekühlt".

Die Anwälte hätten klar gesagt, dass es sich hier um Steuerhinterziehung gehandelt habe. Richterin Hohenecker fragt nach, warum sich dann Meischbergers Anwalt auf das Buwog-Gesetz bezieht und daraus ableitet, dass die Provision nicht zu versteuern sei. Dies sei auch zur Sprache gekommen, sagt Hochegger. "Für uns war klar, das war eine Steuerhinterziehung."

"Das Geld hat sofort gezogen"

Hochegger führt auf Anweisung der Richterin aus, wie er Meischberger, Grasser und Plech kennengelernt hat. Vor allem die Beziehung zu Meischberger sei besonders eng gewesen. Meischberger sei es auch gewesen, der 2004 auf ihn in Bezug auf die Buwog zugekommen sei, weil er gute Kontakte zur Immofinanz gehabt habe. Er habe ihm in Aussicht gestellt, dass hier eine Million Euro für ihn zu machen sei. Das sei "eine ordentliche Karotte" gewesen. Richterin Hohenecker: "Das Geld hat sofort gezogen?" Hochegger: "Das Geld hat sofort gezogen." Seine Aufgabe sei es gewesen, das Höchstangebot herauszufinden. Er habe sich damals aber nicht als "großen Fachmann" im Vergabebereich gesehen. Meischberger habe ihm aber gesagt, dass er ihn "mit den notwendigen Informationen versorgen werde".

Es sei auch schnell klar gewesen, dass die Provision ein Prozent des Kaufpreises ausmachen werde. "Mir war von Anfang an klar, dass Plech dabei ist", erklärt Hochegger. "Das ist das Projekt von Walter", habe Plech damals gesagt, er unterstütze ihn aber "mit Rat und Tat".

Grasser zuckt mit den Schultern

Richterin Hohenecker fragt streng und hartnäckig nach, mit "so Hörensagen-Geschichten" könne sie wenig anfangen. Hochegger antwortet mit ruhiger Stimme. Plech schüttelt immer wieder den Kopf, Meischberger zuckt ab und an mit den Schultern, Grasser folgt Hochegger mit steinerner Miene. Alle drei beraten sich während Hocheggers Aussage immer wieder mit ihren Verteidigern. Grasser zuckt dabei immer wieder mit den Schultern.

Hochegger gibt an, dass Meischberger ihm nach der ersten Runde gesagt habe, wie CA Immo und Österreich-Konsortium für die Buwog geboten hatten - und damit sei er zu Ex-Immofinanz-Chef Petrikovics gegangen. Dieser habe sich dann bereit erklärt, in Richtung "eine Milliarde" zu gehen. Meischberger habe ihm gesagt, dass es eine zweite Runde geben könnte.

Ein Schloss als Provision

Nach der Mittagspause geht es weiter. Bisher waren Hocheggers Aussagen wenig konkret, deshalb musste die Richterin auch mehrfach nachfragen. Jetzt geht es darum, was passiert war, nachdem er Petrikovics mitgeteilt hatte, dass die Immofinanz in Richtung eine Milliarde gehen solle. Am 14. Juni fiel die Entscheidung, Meischberger habe ihn dann angerufen und gesagt: "Wir haben gewonnen", erinnert er sich. "Also das Österreich-Konsortium, er und ich." Man habe sich dann darauf geeinigt, dass man die Provision nach dem Sommer abwickeln werde.

Nach dem Herbst habe es dann Gespräche mit Petrikovics über die Auszahlung der Provision gegeben, obwohl solche Gespräche über Erfolgsprovisionen "nicht üblich" seien. Raiffeisen-Manager Starzer habe zunächst ein Schloss als Provision vorgeschlagen, was Hochegger jedoch abgelehnt habe. Dann kam man auf die Idee, die Zahlung über das Ausland abzuwickeln. Richterin Hohenecker kann das nicht nachvollziehen: "Warum muss ich eine Provision, die mir in einem Vertrag zugesichert wurde, so umständlich übermitteln?" Die Immofinanz habe nicht gewollt, dass es über Hocheggers Firma abgewickelt wird wegen seines "Nahe-Verhältnisses" zu Grasser.

Keine "Praxis eines ordentlichen Geschäftsmannes"

2005 kam dann die Entscheidung, dass das Geld in seine "brachliegende" Firma "Astropolis" auf Zypern geflossen sei. Die Provision solle über Immobilienprojekte der Immoeast abgewickelt werden, erklärt der Angeklagte. Hochegger habe die Rechnung gestellt - wie viel, kann er nicht mehr sagen. Er habe nicht mitgeschrieben, "ich gestehe, dass ist nicht die Praxis eines ordentlichen Kaufmannes". Die Immofinanz habe damals 300.000 Euro zu viel überwiesen - "das ist aber niemandem aufgefallen", sagt Hochegger. Also wurden Hochegger 9,9 statt 9,6 Millionen Euro überweisen. Man habe sich darauf geeinigt, dass Hochegger 20 Prozent davon zustehen.

Schwere Anschuldigung: Grasser soll drittes Konto gehören

Meischberger habe 80 Prozent der Provision bekommen, "diese 80 Prozent sind nach Liechtenstein gegangen", sagt Hochegger. Jetzt wird es spannend, denn jetzt geht es um die ominösen drei Konten in Liechtenstein. Meischberger habe ihm den Hypo-Vorarlberg-Banker W. vorgestellt, der ihm erklärt habe, dass das Geld über Meischbergers Firma Omega fließen sollte. Von dort sollte es auf drei Konten überwiesen werden, habe ihm Banker W. wie folgt gesagt: "Das Geld wird aufgeteilt für Herrn Plech (Konto Karin), Meischberger (Konto Natalie) und dieses Konto gehört einem vierten Kunden, Herrn Grasser (Nummer 400.815)." Daraufhin sei Hochegger wie vom Blitz getroffen gewesen. Er wolle davon nichts wissen, sagte er W., "das Gespräch haben wir nicht geführt". Später habe Hochegger dann gewusst: "Ich habe ein Problem. Ich war nicht couragiert genug, auszusteigen aus dem Deal. Ich wollte auf meine Provision nicht verzichten und habe mich von der Gier treiben lassen." Warum nun diese "Lebensbeichte"?, will die Richterin wissen. Nun wolle er mit Altem abschließen, deshalb gestehe er das heute. "Ich habe mitgeholfen bei einer Sache, die nicht in Ordnung war." Mit solchen Aktionen werde "das Wesen der Demokratie untergraben", er habe sich damals einfach "von der Gier treiben lassen". Und dann wird er ganz konkret: "Ich hab mitgeholfen, im konkreten Fall, dass ein Amtsträger aus einem Geschäft der Republik 2,4 Millionen Euro kassiert hat."

Meischberger und Plech lachen bei Meischbergers Worten immer wieder auf und schütteln ihre Köpfe. Grasser macht sich mit ernster Miene Notizen.

"Ohne Karl-Heinz hätten wir das nie geschafft"

Wie konnte sich Hochegger so sicher sein, dass Grasser involviert war?, will die Richterin wissen. Er habe "Hinweise gehabt, dass es so war". 2007 habe er Meischberger in Ibiza für den Deal gedankt und Meischberger habe ihm geantwortet: "Ohne Karl-Heinz hätten wir das nie geschafft." Er sei nie davon ausgegangen, dass die Geschichte "ans Tageslicht" kommt. Als die Geschichte 2009 medial hochkocht, habe Hochegger gespürt, "dass sich jetzt mein ganzes Leben verändern wird". Er sei aber weiterhin davon ausgegangen, dass ihm nichts passieren werde - und er habe die Sache verdrängt. Persönlich profitiert habe er aber im Nachhinein nicht, bis heute sei alles verschwunden.

Terminal Tower

Nach einer kleinen Kaffeepause geht es weiter mit der Causa Terminal Tower. Zur Erinnerung: Hier geht es um die Einmietung der oberösterreichischen Finanz in den "Terminal Tower", ein Gebäude am Linzer Bahnhof. Hochegger bekennt sich hier nicht schuldig. Die Verrechnung der Porr sei über seine Firma Astropolis gelaufen, weil Meischberger ihm gesagt habe, dass er es über diese Firma abwickeln will. Er habe nicht nachgefragt, obwohl er das hätte tun sollen.

Richterin Hohenecker springt wieder zum Tipp, den Meischberger im Buwog-Verkauf erhalten habe. Er habe nie erfahren, von wem Meischberger das Angebot der Konkurrenz erfahren habe. Dass er von Grasser kam, habe sich für Hochegger daraus ergeben, dass Meischberger ihm Jahre später gesagt habe: "Ohne Karl-Heinz hätten wir das nie geschafft." Darüber, dass dieser Tipp von dem verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider gekommen sein soll, wie Meischbergers Verteidiger behauptet, könne Hochegger keine Angaben machen. Er habe den Namen aber nie gehört.

Der Sitzungstag geht um 15.40 Uhr zu Ende, Hochegger - und die Schöffen - wirken müde.

Vor dem Start der Befragung sorgte der Verteidiger von Ernst Karl Plech für Aufsehen. Er zeigte ein Foto, auf dem ein Zuschauer mit einem Fernglas zu sehen ist. Das sei Beweis dafür, dass man in die Unterlagen der Verteidiger einsehen könne. Deshalb sei die Sitzordnung nicht akzeptabel. Alle Verteidiger stimmen dem Antrag zu - außer jenem von Hochegger. Die Richterin hat in der Pause überprüft, dass man mit dem Fernglas in keine Unterlagen einsehen kann - Antrag abgewiesen.

Vor Befragung: Verteidiger von Toifl und Wicki am Wort

Bevor die Angeklagten aber zu Wort kommen, sind noch die Verteidiger von Meischbergers Ex-Anwalt Gerald Toifl und Vermögensverwalter Norbert Wicki am Wort, die die Plädoyers für ihre Mandanten halten. Oliver Scherbaum, Toifls Anwalt, wirft der Staatsanwaltschaft eine "glatte Themenverfehlung" vor. Die Vorwürfe gegen seinen Mandanten, dem vorgeworfen wird, an der Vertuschung der Provisionszahlung mitgewirkt zu haben, seien haltlos.Toifl habe sich lediglich um die Selbstanzeige gekümmert, die Meischberger wegen Steuerhinterziehung eingebracht hatte. Toifl habe also als Steuerrechtsexperte agiert, von der Staatsanwaltschaft sei dies "völlig missverstanden" worden sein. Deshalb habe es auch so viele Treffen mit Grasser, Meischberger, Plech, Hochegger und Wicki gegeben. In Richtung Schöffen fragte er: "Glauben Sie wirklich, dass Meischberger Toifl beim ersten Kennenlernen offengelegt hätte, wenn er mit Grasser und Plech unrechtmäßig zehn Millionen Euro mithilfe des Finanzministers lukriert hätte? - Sicher nicht." In Richtung der Staatsanwaltschaft wurde Scherbaum besonders deutlich: "Liebe Staatsanwaltschaft, das glaubt ihr doch selbst nicht." Toifl werde sich deshalb nicht schuldig bekennen.

Hochegger soll Buch schreiben

"Norbert Wicki wird sich nicht schuldig bekennen." Damit beginnt Herbert Eichenseder, der Verteidiger von Wicki, sein Einstiegsplädoyer. Sein Mandant sei ein Schweizer, der in Aserbaidschan lebt - er habe mit dieser Sache schlicht nichts zu tun. Und dann geht es rund: Eichenseder erklärt plötzlich, dass er gestern erfahren habe, dass Hochegger ein Buch über das Verfahren schreibe - "und das lässt sich nur verkaufen, wenn man einen Aufhänger hat". Deshalb werde er ein Teilgeständnis abgeben, erklärt Eichenseder, "er ist ja nicht blöd, das ist ein Geschäftsmann".

Darauf angesprochen erklärte Hochegger in der Pause, dass das ein Gerücht sei. Er habe schon 2012 über ein Buch nachgedacht, aber "aktuell habe ich andere Dinge zu tun", ein Buch werde es in nächster Zeit also nicht geben.

Befragungen starten früher als erwartet

Damit hat der Buwog-Prozess erneut unerwartet an Fahrt gewonnen. Nachdem der Lobbyist und ehemalige Grasser-Intimus Peter Hochegger am vergangenen Freitag sich und damit auch Grasser und die anderen Hauptangeklagten Walter Meischberger und Ernst Karl Plech mit einem Teilgeständnis schwer belastet hatte, wird die bevorstehende Befragung ebendieser Beschuldigten mit Spannung erwartet. Eigentlich war dieser Prozess-Programmpunkt erst nach der Weihnachtspause und damit in der zweiten Jänner-Woche eingeplant. Da die Plädoyers der Verteidiger aber deutlich weniger Zeit in Anspruch genommen hatten als gedacht, drückt Richterin Hohenecker nun aufs Gas.

"Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen"

Eigentlich ist die Reihefolge der Befragungen klar geregelt: Sie folgt der Ordnung der Anklageschrift. Demnach müsste sich der Hauptangeklagte Grasser als Erster den Fragen der Richterin stellen. Nach den brisanten Aussagen von Hochegger, wonach Grasser 2,4 Millionen Euro aus dem Buwog-Deal kassiert haben soll, scheint es jedoch durchaus realistisch, dass Hochegger als Erster aussagen muss. Der ehemalige Lobbyist, der am Dienstag mit einem Kokosnuss-Wasser der Marke „innocent“ (zu Deutsch: „unschuldig“) vor Gericht erschien, wirkte gelassen. Er habe am Wochenende viel Zuspruch für seine Entscheidung erhalten. „Ich bin bereit, die Verantwortung zu übernehmen“, erklärte er.

Für Grasser und seine beiden Anwälte, die die Anklage nur zwei Tage vor Hocheggers Geständnis als „haltlos“ und „Harry Potter für Erwachsene“ bezeichnet hatten, wird es nun eng. Der ehemalige Minister muss zum ersten Mal vor Gericht zur Buwog-Causa und natürlich auch zu den Anschuldigungen von Hochegger Stellung nehmen. In der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hegt man zudem die Hoffnung, dass noch der eine oder andere Angeklagte in den Befragungen umfallen könnte.

Weitere Geständnisse?

Dass die durch Hochegger belasteten Hauptangeklagten Grasser, Meischberger und Plech nun ihre Verteidigungslinie ändern und Hocheggers Beispiel folgen, darf jedoch bezweifelt werden. Grasser äußerte im Vorfeld der gestrigen Sitzung gegenüber dem ORF Unverständnis für Hocheggers Geständnis. Dass sich dieser mit einer „Unwahrheit“ freizukaufen versuche und andere dabei „in den Schmutz“ ziehe, sei für ihn „eine massiv negative Überraschung“ gewesen. Und auch Meischbergers Anwalt betonte, dass sich an der Verteidigung seines Mandanten nichts ändern werde.