ls der junge Karl-Heinz Grasser Mitte der 90er-Jahre außerhalb Kärntens bekannt gemacht wurde, war man neugierig. Als er kometenhaft aufstieg und es zum Finanzminister brachte, waren die Medien hin und weg. Die Regeln seiner „Roadshow“ bestimmte er. Kritische Fragen wischte er mit großer Geste vom Tisch. So manche Erinnerung wird heute angesichts der Inszenierung des jungen ÖVP-Chefs wieder wach.
Als die Fassade zu bröckeln begann, hingen die Medien weiter an ihm dran. Grasser litt, aber er spielte auch selber weiter auf diesem Klavier. Nach dem Abgang als Finanzminister wurde er für alle möglichen Positionen ins Spiel gebracht. Mit einem Fotoshooting für die „Vogue“, das „Vanity Fair“ publizierte und das ihn halb nackt inszenierte, katapultierte er sich aus den Listen der Headhunter.
Bald kam es schlimmer: „Sie können davon ausgehen, dass ich ein supersauberes, reines Gewissen habe“, beteuerte Grasser im Oktober 2009, als der erste Verdacht auf Schmiergeldzahlungen im Umkreis Grassers aufkam. Gefolgt von der Vermutung: „Das ist ein politisch motivierter Racheakt bzw. ein politisch versuchter Rufmord an mir.“
Eineinhalb Jahre später spielt Grasser immer noch das Unschuldslamm – und bemüht einen weiblichen Fan als Zeugin: Im Fernsehen liest Grasser aus einem Brief an ihn vor: „Sie sind für diese abscheuliche Neidgesellschaft zu jung als Finanzminister gewesen, zu intelligent, zu gut ausgebildet, aus zu gutem wohlhabenden Haus, zu schön und was für alles der Punkt auf dem i ist, auch noch mit einer schönen und reichen Frau verheiratet. So viel Glück darf ein einzelner Mensch einfach nicht haben, da muss man etwas dagegen tun.“ Spott und Hohn dafür waren ihm sicher.
Mit Gattin Fiona Swarovski war Grasser omnipräsent in der Presse. Bass erstaunt waren Ermittler und Journalisten, als Grasser ihnen 2010 erklärte, 500.000 Euro, die er auf die Bank eingezahlt habe, seien keine Provisionen aus der Buwog-Veräußerung gewesen, wie unterstellt, sondern Geld der Schwiegermutter, das er veranlagen sollte.
Breiten Raum nahm in der Presse Grassers Klage gegen die Herausgeber des Brettspiels „KHG“ ein („Korrupte haben Geld“), mit der er im Vorjahr endgültig abblitzte.
Letzter Coup: Das „Höcker-Gutachten“, das die mediale Vorverurteilung belegen sollte. Doch es waren vor allem auch Grasser selbst und seine Anwälte gewesen, die die Medien fütterten. Heute wird das Verfahren eröffnet. Ab heute geht es nur noch um Fakten.
Claudia Gigler