Österreichs Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) dürfte endgültig aus dem Rennen um den Euro-Chef sein. Die Europäische Volkspartei (EVP) schickt offiziell keinen Kandidaten für die Nachfolge des niederländischen Sozialdemokraten Jeroen Dijsselbloem ins Rennen. Die Entscheidung der EVP sei bei einer Telefonkonferenz gefallen, hieß es aus EVP-Kreisen.
Zuvor hatte der EU-Kommissar und Vizechef der Europäischen Volkspartei (EVP), Johannes Hahn (ÖVP), in Brüssel gesagt, er gehe nicht davon aus, dass die EVP einen Kandidaten ins Rennen um den Posten des Eurogruppenchefs schicken wird. Das habe nichts mit Qualifikationen zu tun, betonte Hahn vor Journalisten und fügte hinzu: "Aus österreichischer Sicht wäre es sicher toll, wenn wir den Vorsitzenden stellen könnten."
Allerdings, so der EU-Kommissar, gebe es eine "übergeordnete Sichtweise". Die EVP stelle bereits die Präsidenten der EU-Kommission, des EU-Rats und des EU-Parlaments - und damit drei von den insgesamt fünf führenden europäischen Positionen. Hier müsse man auf eine "gewisse Balance" achten, um auf europäischer Ebene etwas zu erreichen, sagte Hahn mit Verweis auf Mehrheiten und Allianzen im Parlament.
Damit schwinden allerdings auch die Chancen Schellings, in einer künftigen ÖVP-FPÖ-Bundesregierung neuerlich Finanzminister zu werden. Dem Vernehmen nach ist Schelling nicht die erste Wahl von ÖVP-Chef Sebastian Kurz. In Medien wurden zuletzt Ex-Rechnungshofpräsident Josef Moser, der einst für die Blauen Jörg Haiders tätig war, oder die stellvertretende ÖVP-Bundesparteichefin und Casinos Austria-Vorständin Bettina Glatz-Kremsner als mögliche ÖVP-Kandidaten für das Finanzressort genannt. Zudem ist auch noch offen, welcher der beiden Parteien in den Koalitionsverhandlungen das Finanzressort zugeschlagen wird.
Anfang November hatten sich die Euro-Finanzminister der EVP laut einem Bericht des deutschen "Handelsblatt" der Währungsunion auf Schelling als Kandidat verständigt. Der Bericht wurde nicht dementiert, doch nahm die Europäische Volkspartei offiziell bisher dazu auch nicht Stellung.
Die Wahl des Eurogruppenchefs ist für das Treffen der Euro-Finanzminister am 4. Dezember in Brüssel geplant. Offiziell läuft die Bewerbung am morgigen Donnerstag ab. Die jüngsten Entwicklungen und Fragen zu seiner Zukunft als Finanzminister wollte Schelling am Mittwoch nicht kommentieren.
Dass wie zuletzt aus EVP-Kreisen verlautet Eurogruppenchef Dijsselbloem noch ein halbes Jahr verlängert wird, glaubt EVP-Vizechef Hahn übrigens nicht. Das sei rechtlich zwar möglich, aber Dijsselbloem gehöre den niederländischen Sozialdemokraten an, die nach den Wahlen im Frühjahr nur mehr bei sechs Prozent halten und in der Opposition weilen. Da hätte der niederländische Premier, Mark Rutte, "wohl etwas dagegen".
Dijsselbloems Mandat als Eurogruppenchef endet Mitte Jänner. Unter den Finanzministern gebe es Bedenken, dass eine Zwischenlösung mit ihm als Präjudiz gelten könnte, dass künftig kein amtierender Finanzminister Chef der Eurogruppe sein müsse, wie dies bisher der Fall war, hieß es in Ratskreisen. Dabei kämen dann auch der Vizepräsident der EU-Kommission Valdis Dombrovskis, und EU-Wirschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici ins Spiel. Anspruch auf den Posten des Euro-Chefs erheben die Sozialdemokraten. Sie verfügen derzeit nur mit Federica Mogherini als Hohe Beauftragte und Vizepräsidentin der EU-Kommission über einen EU-Spitzenposten. Als möglicher Anwärter der Sozialdemokraten öfter genannt wurde zuletzt der slowakische Finanzminister Peter Kazimir.