Die schwarz-blauen Koalitionsverhandler haben sich nach drei Verhandlungswochen auf erste konkrete Maßnahmen geeinigt. Wenig überraschend gelang die rasche Übereinstimmung im Bereich Migration und innere Sicherheit, wo ÖVP und FPÖ von Beginn an die meisten Berührungspunkte hatten. Und ebenfalls erwartbar war, dass es sich bei den geplanten Änderungen um Verschärfungen gegen Ausländer handelt.
Auf der anderen Seite soll es für die Polizei Goodies wie ein neues, attraktiveres Besoldungsrecht und mehr Personal geben.
Koalition: Massive Verschärfungen bei Asyl geplant
Für Asylwerber in der Grundversorgung soll es nur mehr Sachleistungen und keine individuelle Unterbringung mehr geben, sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nach der Verhandlungsrunde der Steuerungsgruppe am Freitag bei einer Pressekonferenz. Aus ÖVP-Verhandlerkreisen hieß es gegenüber der APA allerdings, dass man zwar verstärkt auf Sachleistungen setzen wolle, man die monetären Leistungen aber nicht komplett streichen könne, weil ein Taschengeld EU-rechtlich vorgegeben sei. Auf Nachfrage konnte man außerdem noch nicht sagen, wie konkret das Ziel umgesetzt werden soll, die individuelle Unterbringung (wofür es derzeit entsprechende finanzielle Unterstützung gibt) "zurückzudrängen" und Asylwerber primär in Landesquartieren unterzubringen. Details seien noch zu klären.
Verständigt haben sich die Verhandler jedenfalls auch darauf, dass anerkannte Flüchtlinge künftig die Staatsbürgerschaft nicht mehr nach sechs, sondern wie andere Zuwanderer erst nach zehn Jahren beantragen dürfen. ÖVP und FPÖ wollen zudem Abschiebungen forcieren und Beschwerdefristen bei Asylverfahren verkürzen. Bei rechtskräftig verurteilten Ausländern soll es keine Aufenthaltsverfestigung geben.
Restriktionen bei Mindestsicherung
Restriktionen wird es auch bei der Mindestsicherung geben. Diese soll für Familien in ganz Österreich einheitlich gedeckelt werden. Eine bestimmte Summe nannten die Verhandler aber noch nicht. Für Asylberechtigte ist eine "Mindestsicherung light" mit weniger Geld- und mehr Sachleistungen wie in Ober- und Niederösterreich geplant.
Auch bei Arbeitsmigration wollen die Regierungsverhandler Verschärfungen. So soll die Mangelberufsliste überarbeitet werden. ÖVP-Chef Sebastian Kurz bekannte sich zwar zur innereuropäischen Migration. "Wir sind aber dagegen, dass sich jemand das beste Sozialsystem aussuchen kann, in das er einwandern will." Man wolle Menschen in das Arbeits- und Steuerzahlungssystem bringen und nicht ins Sozialsystem, meinte auch Strache, der gleichzeitig Investoren willkommen hieß.
Einigkeit beim Sicherheitspaket
"In fast allen Punkten einig" sind sich Schwarz-Blau auch beim Sicherheitspaket zur Bekämpfung von Terrorismus. Es gehe nur mehr um technische Details. Das seit Monaten umstrittene Paket, das mehr Überwachung bringen soll, war ursprünglich von den Blauen abgelehnt worden. Nun gehe es nur mehr um "unterschiedliche technische Zugänge". "Spießen tut sich nix", versicherte Strache.
Unter dem Motto "Moderne Polizei" will man das Berufsbild des Polizisten attraktivieren und ein flexibleres Personalmanagement schaffen. Außerdem soll ein Lehrberuf "Verwaltungs- und Exekutivlehrling" und ein neues Besoldungsrecht für Polizisten geschaffen werden. Angedacht ist auch ein personelle Aufstockung der Exekutive. Um die Aufnahmestopps aus früheren Jahren und anstehende Pensionierungen zu kompensieren, brauche es 2.500 bis 2.800 Polizeischüler pro Jahr in den kommenden Jahren, sagte Strache. Im Zusammenhang mit "Digitaler Sicherheit" soll es ein nationales Cybersicherheitszentrum geben.
Im Anschluss an die heutige Verhandlungsrunde hatten Kurz und Strache - hintereinander - Termine bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen, um ihn in nicht medienöffentlichen Gesprächen über die Fortschritte der Verhandlungen zu informieren. Van der Bellen hatte zuletzt befunden, dass er bisher kaum "Neues" gehört habe. Stellungnahmen wird es danach keine geben, hieß es.
Die "angeblichen Äußerungen" des Bundespräsidenten, wonach er die Freiheitlichen Johann Gudenus und Harald Vilimsky nicht als Minister angeloben würde, wollte Strache vor dem persönlichen Gespräch nicht kommentieren. Wenn dies so gefallen sei, wäre das für Strache aber "kein guter Stil", richtete er dem Staatsoberhaupt via Journalisten gleichzeitig aus. Strache selbst hält seine Parteikollegen natürlich sehr wohl für ministrabel: "Man kann nicht aufgrund irgendwelcher moralischer Bewertungen oder parteipolitischer Bewertungen die Herrschaften in Wahrheit als nicht regierungsfähig betrachten." Indes erklärte die Publizistin und Nahostexpertin Karin Kneissl, von Strache eine Woche nach der Wahl gefragt worden zu sein, ob sie Außenministerin werden wolle: "Und ja, ich möchte dieses Angebot als Unabhängige annehmen."