An sich ist die feierliche Sitzung nicht mehr als ein Ritual. Diesmal nicht. Fünf Tage vor der Konstituierung ist eine Schlüsselfrage noch ungeklärt: Wer wird Nationalratspräsident? Eins ist klar: Es muss jemand sein, der ins Parlament gewählt wurde. Damit scheiden Namen, die einst genannt worden sind wie Reinhold Mitterlehner, aus.

Im Jahr 1983 wurde fixiert, dass das dreiköpfige Präsidium von den drei stimmenstärksten Parteien beschickt wird. In der SPÖ und in der FPÖ sind die Würfel gefallen, Doris Bures wird als Zweite Präsidentin, Norbert Hofer vorerst als Dritter Präsident angelobt. Nur: Wen macht die ÖVP zur Nummer eins im Hohen Haus?

Favorit ist derzeit Wolfgang Sobotka. Da ÖVP-Chef Sebastian Kurz die gesamte Ministerriege austauschen will, ist für den Niederösterreicher kein Platz mehr in der Regierung. Damit er nicht Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in Niederösterreich in die Quere kommt, soll er in Wien verbleiben. Was gegen Sobotka spricht: Er saß noch nie im Hohen Haus. Vor allem aber gehört er dem ÖAAB an, der mit August Wöginger auch den nächsten Klubobmann stellen soll. Die ÖVP ist zwar jetzt türkis, aber die Bündelogik wurde noch nicht abgeschafft.

Logische Alternative wäre der bisherige Nationalrats-Vize Karlheinz Kopf, der das Hohe Haus im Detail kennt und sich als Vorsitzender im Eurofighter-Ausschuss einen Namen gemacht hat. Noch dazu gehört er dem Wirtschaftsbund an. Was gegen ihn spricht: Der Vorarlberger verfügt nicht über einen so mächtigen Landesverband wie Sobotka.

Unklar ist, ob Sobotka, sollte die Wahl auf ihn fallen, bereits am Donnerstag ins Präsidium aufsteigt. Wäre das der Fall, müsste Sobotka den Ministerposten kommende Woche an den Nagel hängen. Das Innenministerium könnte für eine Übergangszeit etwa von Justizminister Wolfgang Brandstetter übernommen werden. Die vorübergehende Übernahme eines Zweiressorts ist keine Seltenheit in Österreich. Mitterlehner war im Mai 2016 acht Tage Bundes- und Vizekanzler (nach Abtritt von Werner Faymann), Verteidigungsminister Günther Platter übernahm 2005 (nach Ausscheiden von Ernst Strasser) vorübergehend auch das Innenministerium. Bruno Kreisky war 1971 und 1978 zweimal jeweils für acht Tage Verteidigungsminister.

Eine dritte Variante, die im Spiel ist: Wöginger übernimmt den Vorsitz im Hohen Haus - entweder ganz oder nur bis zur Angelobung der neuen Regierung, dann könnte Sobotka in den Nationalrat wechseln. Kurz muss sich spätestens Mittwochabend entscheiden.