In ihrem neuen Buch "Benita - Wo ein Wille, da ein Weg" befasst sich die frühere ÖVP-Außenministerin und EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner ausführlich mit den Sanktionen, welche die Union Anfang 2000 nach der Bildung der schwarz-blauen Regierung gegen Österreich verhängte. Sie erlebte "Einladungen, Ausladungen, Brüskierungen", wie sie schreibt.

Den EU-Sanktionen widmet Ferrero-Waldner das längste Kapitel des Buchs, ganze 70 Seiten. Kein Wunder, die Sanktionsmonate 2000, mit "Ausgrenzungen und Beleidigungen" seitens der EU-Partner, wurden für die Außenamtschefin zum Härtetest. "Neun Monate, an Dramatik nicht zu überbieten", lautet ihr Fazit. Die damalige Außenministerin resümiert, die Regierungsmitglieder hätten "die Brüskierungen würdig durchgestanden".

Rückblickend kritisiert sie, die Europäische Union habe Österreich damals den Dialog verweigert, keine Erklärungsmöglichkeit eingeräumt. Es wurde ein Exempel statuiert, ohne "Audiatur et altera pars". Heute sei das Artikel-7-Verfahren geltendes EU-Recht, mit Anhörung und Warnung.

"Benita" schildert diverse Anfeindungen in der Sanktionen-Zeit, wo sie isoliert und "empörend behandelt" wurde. Bei der Eröffnung der EU-Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Wien im April 2000 war die österreichische Bundesregierung nicht eingeladen. Ferrero-Waldner ging als zuständige Außenministerin uneingeladen zum Festakt und wurde von Agenturchefin Beate Winkler prompt öffentlich als "unerwünscht" deklariert.

Als OSZE-Vorsitzende im Sanktionsjahr erlebte Österreichs Außenministerin "kühle Szenen". "Franzosen, Belgier, aber auch Deutsche versuchten mich fertigzumachen." Namentlich nennt sie Präsident Jacques Chirac, Premier Lionel Jospin und Europaminister Pierre Moscovici ("die treibende Kraft"). In der deutschen Rot-Grün-Regierung verweigerte Bundeskanzler Gerhard Schröder ein Treffen mit Wolfgang Schüssel. Außenminister Joschka Fischer brüskierte sie. Er entschuldigte sich später bei ihr, so Ferrero-Waldner. Aus der Union, vor allem der CSU, kamen dagegen Sympathiebezeugungen.

"Unmöglich" habe sich ihr belgischer Amtskollege Louis Michel verhalten; sein Sager vom "unmoralischen Skifahren in Österreich" machte Schlagzeilen. Auch von ihm kam später eine Entschuldigung. In der EU-Kommission hätten sie dann gut zusammengearbeitet, konstatiert die Autorin. Skeptisch seien dagegen die Briten den Sanktionen gegenübergestanden.

Auf den EU-Gipfeln gab es ein Gezerre um Benehmen und Fotos: kein Händedruck mit österreichischen Ministern, kein "Familienfoto". Ferrero-Waldners Fotograf Bernhard Holzner (Hopi) bezeichnet das "groteske Gehabe" (früher Bussi-Bussi, dann giftige Blicke) im Buch als "Kindergarten". Beim EU-Gipfel im Juni - Portugal hatte die Ratspräsidentschaft inne, unter Ministerpräsident Antonio Guterres, damals auch SI-Präsident, heute UNO-Generalsekretär - staute sich laut Ferrero-Waldner bereits Unmut in den Reihen der EU-Partner auf.

Man suchte einen Ausweg, fand ihn im "Weisenrat", der Österreich freisprach. Im Herbst 2000 trat Entspannung ein. Zuvor hatte Berlin die Verantwortung für die harte Haltung den Franzosen zugeschoben, schreibt "Benita". Beim Treffen Schröder-Schüssel wurden die Sanktionen "heruntergespielt". Innenpolitisch war "der unberechenbare Sprücheklopfer Jörg Haider das Problem". Gerüchte machten die Runde, Bundespräsident Thomas Klestil, der Schwarz-Blau ablehnte, habe Chirac grünes Licht gegeben. Bei der Opposition in Österreich, die anfangs "Öl ins Feuer gegossen" habe, wandelte sich allmählich das Blatt; man begann gegenzusteuern.