Die ÖVP schlägt erste Pflöcke ein, welche Vorhaben im neuen Regierungsprogramm enthalten sein sollen: Im Justizbereich nennt Minister Wolfgang Brandstetter im APA-Interview das Sicherheitspaket, die Reform des Maßnahmenvollzugs und Strafrechts-Verschärfungen als Schwerpunkte. Seine eigene Zukunft ist offen: "Ich klebe nicht an einem Sessel." Einen VP-Anspruch auf das Justizressort erhebt er nicht.

Kommende Woche starten die konkreten Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ auf Ebene der Fachgruppen. Das künftige Regierungsprogramm solle möglichst detailliert sein, fordert Brandstetter: "Jede Unklarheit jetzt, die rächt sich später irgendwann einmal." Dass man sich bis Weihnachten einig werden könnte, hält er für "realistisch".

Inhaltlich müssen aus Sicht des Justizministers im Koalitionsabkommen vor allem jene Vorhaben enthalten sein, die man mit der SPÖ in der alten Regierung "leider nicht mehr fertigstellen" konnte. Brandstetter hofft etwa, dass man doch noch das lange diskutierte Sicherheitspaket umsetzt, das unter anderem die Überwachung internetbasierter Telefonie ermöglicht. Auf den Einwand, dass die Freiheitlichen dieses bisher abgelehnt haben, entgegnete der Minister, die FPÖ müsse einmal erklären, "warum sie eigentlich dagegen war". "Das Sicherheitspaket ist eine Notwendigkeit", betonte Brandstetter.

Über Details könne man sicher noch reden, aber alle vergleichbaren Staaten hätten solche Regelungen, argumentiert der Minister. Der FPÖ gab Brandstetter ein Zitat von Konrad Adenauer mit auf den Weg: "Niemand kann mich daran hindern, über Nacht klüger zu werden." Zusatz: "Die Regierungsverhandlungen werden sicherlich noch viele Nächte beinhalten." Als Bedingung wollte Brandstetter das Sicherheitspaket nicht bezeichnen, aber er sei überzeugt, dass man die Regelungen brauche "und daher werden sie auch kommen".

Ein weiterer Punkt, den Brandstetter gerne im Regierungsprogramm sähe, sind weitere Verschärfungen im Strafrecht, vor allem in Hinblick auf Gewalt gegen Frauen und Kinder. Parteichef Sebastian Kurz hatte diese Forderung ja im Wahlkampf platziert. Dass es sich dabei nur um eine leere Ansage gehandelt hat, weist Brandstetter zurück: Man habe ein fertiges Konzept dazu, versicherte er, mit der SPÖ seien aber keine Verhandlungen mehr dazu möglich gewesen. Details wollte er auf Nachfrage allerdings nicht nennen. Es gehöre auch zum "neuen Stil", so etwas in der Verhandlungsgruppe vorzulegen und nicht über die Medien auszurichten, sagte Brandstetter.

Wer konkret das Justiz-Kapitel für die ÖVP verhandeln wird, ist noch nicht bekannt. Er werde sich einbringen, soweit dies "gewünscht und notwendig" sei, bot sich Brandstetter an. Seine persönliche Zukunft ist indes "offen", wie er sagt. Er habe die Funktion des Justizministers immer "sehr gerne und mit viel Leidenschaft" ausgeübt, betonte er. Es sei ihm stets um Sachpolitik gegangen und nicht um Ministerposten, "ich klebe daher auch nicht an einem Sessel".

Es gehe um die Frage, in welcher Konstellation man Konzepte am besten umsetzen könne - und dabei habe Kurz "freie Hand". Der Parteichef sollte sich auch "nicht von irgendwelchen Befindlichkeiten von Einzelpersonen" leiten lassen, findet Brandstetter. "Ich habe auch keine Befindlichkeiten." Sorgen um seine Zukunft mache er sich nicht, könne er doch jederzeit in seinen Beruf an die Wirtschaftsuniversität zurückkehren.

Einen Anspruch auf das Justizressort für die ÖVP stellte der Minister im Interview nicht. Auf die Frage, ob es für ihn vorstellbar wäre, dass man die Justiz der FPÖ überlässt, gab sich Brandstetter pragmatisch: Entscheidend sei, dass die neue Regierung im Gegensatz zur alten Koalition Teamfähigkeit entwickle. Es müsse eine Konstellation sein, in der jeder das Gefühl habe, "wir ziehen an einem Strang und wir bringen was weiter", meinte Brandstetter. "Parteipolitische Fragen sind für mich da jetzt nicht so entscheidend." Ob die FPÖ seiner Ansicht nach geeignete Persönlichkeiten für das Amt des Justizministers hätte, könne und wolle er zum jetzigen Zeitpunkt "nicht beurteilen". Es sei nun Aufgabe von Sebastian Kurz, die neue Regierung auf die Beine zu stellen, und er werde es "richtig machen", ist Brandstetter überzeugt. Das Justizressort sei jedenfalls "sehr gut aufgestellt".

Ob das viel kritisierte Verschleierungsverbot seinen Zweck erfüllt, wollte Brandstetter nicht kommentieren - das Gesetz liege in der Zuständigkeit des Innenministeriums.