Mit zehn Reformvorschlägen an die nächste Bundesregierung hat sich am Nationalfeiertag Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker zu Wort gemeldet. Sie fordert eine gemeinsame Strategie von Bund, Ländern und Gemeinden, um den seit dem EU-Beitritt angefallenen "Reformstau" zu beheben. "Ich bin überzeugt, dass sich die Bevölkerung jetzt Ergebnisse erwartet", sagt Kraker im APA-Interview.
Unter dem Titel "Was jetzt getan werden muss" hat der Rechnungshof die aus seiner Sicht zehn wichtigsten Themen für die nächste Bundesregierung zusammengefasst. Zentral ist für Kraker die Schaffung einer koordinierten Reformstrategie. "Einzelmaßnahmen müssen in eine Gesamtstrategie hinein", fordert die Rechnungshof-Präsidentin. Herausforderungen und Zukunftstrends sollen so rechtzeitig erkannt werden.
Neun konkrete Punkte
Darüber hinaus fordert der Rechnungshof Reformen in neun konkreten Punkten: Bildung, Gesundheit, Pflege, Pensionen, Förderungen, Digitalisierung, Schuldenabbau, Verwaltung und Demokratie. Kraker plädiert dafür, das aktuell starke Wirtschaftswachstum für Reformen zu nutzen. "Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs dürfen nicht dazu führen, dass die Anstrengungen nachlassen", heißt es im Papier des Rechnungshofes.
Als zentrales Beispiel nennt Kraker die nach wie vor ungelöste Pflegefinanzierung. "Das entwickelt sich dynamischer als der Pensionsbereich", verweist Kraker auf stark steigende Kosten - von 1,8 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2015 auf bis zu 3,4 Prozent 2060. Kraker kritisiert, dass die Sozialversicherung zwar für Krankheit und Pensionen vorsorgt, nicht aber für die Altenpflege. Eine Pflegeversicherung wäre daher eine mögliche Lösung.
Im Pensionsbereich plädiert Kraker für eine Anhebung des tatsächlichen Antrittsalters, bei der Bildung dafür, dass die tatsächliche Unterrichtszeit in den Klassen verstärkt wird. Hier will Kraker u.a. über die schulautonomen Tage und den frühen Notenschluss im Juni reden. "Die Unterrichtszeit muss vom ersten bis zum letzten Schultag voll ausgenutzt werden", heißt es im Papier des Rechnungshofs dazu.
Strukturreformen fordert der Rechnungshof auch bei den 21 Sozialversicherungsträgern, kritisiert wird auch die hohe Dichte an Spitalsbetten. Hier liegt Österreich mit 7,6 Betten pro 1.000 Einwohnern deutlich über dem EU-Schnitt (5,2 Krankenhausbetten). Mehr Transparenz fordert Kraker für politische Parteien - inklusive einer echten Prüfkompetenz des Rechnungshofs für Parteifinanzen, Sanktionen bei Verstößen und Einbeziehung von politischen Komitees und Vereinen.
Handlungsbedarf sieht Kraker sowohl bei Bund als auch Ländern. So müssten die Länder auf Kompetenzen verzichten (Stichwort einheitliche Mindestsicherung), der Bund müsse Doppelgleisigkeiten zwischen den einzelnen Ministerien abbauen (etwa die auf drei Ressorts verteilte Zuständigkeit für die Forschung).
Die Rechnungshof-Präsidentin kündigt an, die Fortschritte bei den zehn Themen in den nächsten Jahren immer wieder prüfen zu wollen. "Das sind zentrale Reformpunkte, da müssen Entscheidungen fallen", fordert Kraker: "Wir werden auf diesen Themenbereichen immer wieder daraufbleiben."