1. Kommt Schwarz-Blau oder – wie es jetzt heißt – Türkis-Blau?

Zu 85 Prozent. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat gestern klargemacht, dass die Verhandlungen „nicht zwangsläufig zu einem positiven Abschluss führen müssen“. Die Freiheitlichen leiden noch unter dem Schüssel-Trauma, als sie 2000 von der ÖVP über den Tisch gezogen wurden. „Wir werden es der ÖVP nicht leicht machen“, erklärte Strache selbstbewusst im Hinblick auf den heutigen ersten Termin. Falls der FPÖ nicht wohl zumute ist, könnte sie immer noch den Seitenausgang nehmen, um eine rot-blaue Alternative zu schmieden.

2. Wo wird verhandelt?

Über den Ort war man sich gestern noch nicht einig. Offenbar hatte man im Haus Niederösterreich nachgefragt, nur sind alle Räume belegt. Denkbar wären auch die Parlamentsprovisorien in der Hofburg oder am Heldenplatz. Es gibt auch Überlegungen, es außerhalb des Zentrums, etwa in der Politischen Akademie der ÖVP, zu machen, die abgeschieden in einem Park bei Schönbrunn liegt. Weil doch mit Demos zu rechnen ist.

3. Wer verhandelt für die ÖVP?

Beide Seiten haben gestern ihr Kernverhandlungsteam nominiert. ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat seinen engsten Vertrauten Stefan Steiner, Generalsekretärin Elisabeth Köstinger und Wien-Chef Gernot Blümel nominiert. Mit Casinos-Vorständin Bettina Glatz-Kremsner hat niemand gerechnet, sie bringt wirtschafts- und finanzpolitischen Sachverstand ein.

4. Und Straches Team?

Mit Herbert Kickl, Norbert Hofer, Klubdirektor Norbert Nemeth schart Strache drei enge Vertraute um sich. Überraschend dabei die Oberösterreicherin Anneliese Kitzmüller, sie gilt als Verbindungsfrau zu FPÖ-Landeschef Manfred Haimbuchner.

5. Normalerweise sind doch die Verhandlungsteams größer?

Das sind nur die beiden Kernteams. Natürlich werden beide Seiten thematisch Experten hinzuziehen, etwa Josef Moser, Christopher Drexler, Michael Strugl oder den einen oder anderen Landeshauptmann (Thomas Stelzer, Markus Wallner, Mikl-Leitner).

6. Was ist das Ziel der Verhandlungen?

Kurz und Strache haben gestern deutlich gemacht, dass man sich nicht mit Überschriften begnügen will, sondern ein sehr ins Detail gehendes Koalitionsprogramm anstrebt, um nicht Gefahr zu laufen, dass man sich in zwei, drei Monaten wegen der Auslegung in den Haaren liegt. Und die FPÖ hat immer noch nicht das Schüssel-Trauma überwunden.

7. Was sind die Knackpunkte?

In vielen Fragen ist die Übereinstimmung groß, etwa in der Migration, bei der Entlastung des Mittelstandes, im Sozialbereich (Mindestsicherung). Es ist aber auch klar, dass die FPÖ nur einem Programm mit einer „blauen Handschrift“ zustimmen wird. Ein Knackpunkt könnte die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft sein, ein anderer Europa, und da insbesondere der Punkt, wie sehr EU-Vereinbarungen durch eine etwaige Volksbefragung ausgehebelt werden können. Für Kurz sind Volksabstimmungen zu grundsätzlichen EU-Themen rote Linien, also etwaige Befragungen zum Austritt aus der EU, aus dem Euro, aus dem Ceta-Abkommen.

8. Was ist mit ÖVP-internen Widerständen?

Viele grundlegende Reformen etwa in den Bereichen Gesundheit, Schule, Gewerbe, aber auch eine Staats- und Verwaltungsreform sind bisher aus Rücksicht auf die mächtigen Landeshauptleute oder die eigene Klientel (Beamtengewerkschaft) nicht angegangen worden. Man wird sehen, wie neu die alte ÖVP wirklich ist.

9. Wo sind die roten Linien des Bundespräsidenten?

Für Alexander Van der Bellen ist Europa nicht verhandelbar. Dem Vernehmen nach sperrt sich der Bundespräsident gegen einen Freiheitlichen als Außenminister. Möglicherweise wird man sich wieder auf eine Art von Präambel zu Europa verständigen.

10. Wer wird Minister?

Kurz kann sich vorstellen, dass man die Ministerien halbe-halbe aufteilt. Es liegt auf der Hand, dass sich die FPÖ nicht mit zweitklassigen Ressorts abspeisen lässt. Von den drei Schlüsselministerien Äußeres, Finanzen und Inneres dürfte Inneres an die FPÖ (Strache) wandern. Ob die EU-Politikerin Köstinger das Außenamt übernimmt, ist unklar, auch Blümel und Harald Mahrer sind im Gespräch. Josef Moser könnte Finanz- oder Kanzleramtsminister werden, auch Glatz-Kremsner, Ökonom Gottfried Haber oder Oberösterreichs Wirtschaftslandesrat Michael Strugl werden für die Finanzen genannt. Von den Freiheitlichen werden Norbert Hofer (Soziales), Walter Rosenkranz, Herbert Kickl, Petra Steger (Sportstaatssekretärin), Peter Fichtenbauer (Verteidigung) ins Spiel gebracht.