ÖVP-Chef Sebastian Kurz will gemeinsam mit der FPÖ eine Regierung bilden. "In Gesprächen mit Heinz-Christian Strache habe ich Gestaltungswillen erkannt. Ich habe mich deshalb entschieden, die FPÖ zu Regierungsverhandlungen einzuladen", erklärte der ÖVP-Chef am Dienstag. Ziel bleibe es, "rasch eine stabile, starke Regierung zustande zu bringen".
Strache nimmt die Einladung, wenig überraschend, an. "Wir stehen am Beginn von Verhandlungen. Ich sehe keinen Grund für Zeitdruck", sagt Strache derzeit bei der Pressekonferenz. "Wir wollen zügig, aber nicht überhastet verhandeln." Schon morgen werden die Verhandlungsteams zusammentreffen, sagt Strache. "Eine Regierungsbeteiligung ist für uns kein Selbstzweck", so der FPÖ-Chef. "Gespräche müssen nicht zwangsläufig positiv enden."
"Es soll niemand glauben, dass wir es der ÖVP leicht machen werden." Zu Ministerposten will sich Strache nicht äußern. "Wir haben viele ministrable Personen." Fünf Personen würden jeweils das "Hauptverhandlungsteam" bilden, zudem kommen Untergruppen. Das Team der FPÖ: Strache, Norbert Hofer, Herbert Kickl, Klubdirektor Norbert Nemeth und die Abgeordnete Anneliese Kitzmüller. "Wir sind österreichische Patrioten und glühende Europäer", sagt Strache, der die EU von innen reformieren will. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl erwartet sich "neuen Stil und neue Politik" sowie "Verhandlungen auf Augenhöhe".
Kurz mit drei Bedingungen
Kurz nannte drei Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit: Einen "neuen Stil", "Veränderungswillen" und eine "klare pro-europäische Ausrichtung". Das Team der ÖVP: Generalsekretärin Elisabeth Köstinger und Stefan Steiner, der Wiener Landesparteichef Gernot Blümel sowie die stellvertretende Bundesparteichefin und Casinos-Vorständin Bettina Glatz-Kremsner.
Es sei entscheidend, dass die Regierung die Kraft habe, notwendige Veränderungen im Land einzuleiten und Strukturen aufzubrechen, um etwa eine Steuersenkung zu ermöglichen. Die pro-europäische Position sei eine Grundvoraussetzung, bekräftigte Kurz: "Österreich kann nur stark sein, wenn wir in Europa aktiv mitarbeiten", insbesondere mit Blick auf den Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2018. Neben einem klaren Bekenntnis zur EU brauche es den Willen, diese mitzugestalten. Kurz sprach sich hier für ein subsidiäres Europa aus, bei dem in den großen Fragen stärker zusammengearbeitet wird.
Regierungsverhandlungen dauern im Schnitt 60 Tage, meinte der ÖVP-Obmann weiter und versprach, die Gespräche zügig zu führen. Bis Weihnachten sollte eine stabile Regierung stehen, hofft Kurz. Einen Termin für den Start der Verhandlungen gebe es zwar noch nicht, sollte die FPÖ aber die Einladung annehmen, will er rasch starten: "Ich würde mir wünschen, dass wir im Idealfall schon morgen beginnen."
Wie geht es weiter?
Ob nun wie von der FPÖ gewünscht, das Innenressort an die Freiheitlichen fällt, ist noch völlig offen, haben doch noch nicht einmal die Verhandlungen begonnen, meinte Kurz auf eine entsprechende Frage. Die Ressortaufteilung werde ebenso wie inhaltliches erst besprochen.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen habe sich in den Gesprächen der vergangenen Tage eingebracht und Anregungen mitgegeben, dies sei legitim und stehe ihm als Staatsoberhaupt auch zu. Bedingungen oder etwas anderes, das ihm die Verhandlungen erschweren würde, habe er aber nicht mitgegeben, erklärte Kurz. Van der Bellen werde weiterhin auf dem Laufenden gehalten, betonte er weiters.