Nicht einmal 50 Minuten dauerte die Unterredung zwischen Sebastian Kurz und Christian Kern, dann trat man getrennt vor die Medien. Beide beteuerten, dass es sich um ein gutes Gespräch gehandelt und man die wechselseitigen Verletzungen des Wahlkampfes besprochen habe. "Wir haben es ausgeräumt, es ist erledigt", so Kurz in seiner Stellungnahme.
Stellungsnahme von Kurz nach dem Gespräch:
Wohin die Reise geht, deuteten beide an. "Aus meiner Sicht gibt es die meisten inhaltlichen Überschneidung mit der FPÖ", so Kurz. Kommende Woche werde er nach einem Gespräch beim Bundespräsidenten öffentlich bekannt geben, mit welcher Partei er in Koalitionsverhandlungen eintreten werde.
Stellungsnahme von Kern nach dem Gespräch:
Kern ergänzte, dass Kurz die bereits begonnen Gespräche mit der FPÖ wohl fortsetzen werde. "Wir bereiten uns auf die Opposition vor." Dass seine Tage als Parteivorsitzender womöglich gezählt seien, sei falsch. Er sei mit 97 Prozent der Stimmen beim Parteichef gekürt worden. "Es gibt manchen, die an einer eigenen Form der Realität zimmern. das muss ich zur Kenntnis nehmen."
Zeichen stehen auf Schwarz-Blau
Nach Treffen mit den Neos, der Liste Pilz und der FPÖ schließt ÖVP-Chef Sebastian Kurz seine ersten formalen Annäherungstreffen mit den Chefs der im neu gewählten Nationalrat vertretenen Parteien ab. Die Zeichen stehen auf Schwarz-Blau - dennoch kam es Sonntagabend zum Treffen zwischen Kurz und SPÖ-Chef Christian Kern. Das Verhältnis der beiden gilt als kühl, eine Zusammenarbeit scheint in weiter Ferne. Dass Kern als Parteichef abgelöst werden soll, dementierte heute der Kärntner LandeshauptmannPeter Kaiser entschieden.
Letztes Sondierungsgespräch mit Kern: Zeichen stehen auf Schwarz/Blau
In Wien zirkuliert nach Informationen der Kleinen Zeitung unterdessen jedoch das Gerücht, dass Kern bei diesem Gespräch die Unterstützung einer Minderheitsregierung ins Spiel bringen könnte. Diese Idee sei entstanden, so heißt es aus SPÖ-Kreisen, um den Eintritt der FPÖ zu verhindern. Das hatte Kern auch im Wahlkampf wiederholt betont. Gemeinsam mit den Neos hätte diese Konstellation sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit, der SPÖ graut vor so einer deutlichen "Mehrheit rechts der Mitte". Da würde man lieber eine Minderheitsregierung in Kauf nehmen. Angeblich sondierte der Kanzler die Idee im Kreis der roten Granden am Wochenende.
Alles rechnet mit schwarz-blau
Ob Kern Sonntagabend Kurz diesen Vorschlag unterbreitet hat, ist ungewiss. Der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer lehnt auf Anfrage der Kleinen Zeitung eine von der SPÖ unterstützte Minderheitsregierung unter einem Kanzler Kurz ab. "Das kommt sicherlich nicht infrage." Offen wäre außerdem, ob eine solche Variante nicht auch einer Mitgliederbefragung unterzogen werden müsste. Eher unwahrscheinlich, dass die rote Basis einem solchen Projekt zustimmen würde.
Dass die SPÖ der kommenden Regierung angehören wird, glaubt Kern offiziell nicht mehr. "Ich gehe davon aus, dass wir jetzt sehr rasch eine schwarz-blaue Einigung haben werden", meinte der SPÖ-Chef zuletzt. Ganz ähnlich äußerte sich Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil (SPÖ), der die Wahrscheinlichkeit für Schwarz-Blau mit 95 Prozent bezifferte.
Demgegenüber waren Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache durchaus angetan voneinander, so dass die Zeichen auf eine schwarz-blaue Koalition stehen. Man habe ein "äußerst positives und gutes Gespräch" geführt, betonte Kurz danach vor Journalisten. Strache ist "guter Dinge", zu Koalitionsverhandlungen eingeladen zu werden. Kurz hat außerdem mit NEOS-Chef Strolz und Peter Pilz Gespräche geführt, um mögliche Kooperationen auszuloten.