Der rote Polizeigewerkschafter Hermann Greylinger läuft nach den jüngsten skurrilen Polizei-Einsätzen im Zuge des Burka-Verbots Sturm gegen das neue Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz in Österreich. Das Gesetz sei nicht vollziehbar, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Polizeigewerkschaft der Tageszeitung "Österreich". Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) wies die Kritik zurück.
Greylinger fordert ein Aus für das derzeitige Gesetz. "Das ist nicht vollziehbar, man hat aus Verfassungsgründen nicht hineingeschrieben, dass es um Burkas geht, und jetzt kommt so ein Mist raus." Der FSG-Mann wünscht eine Überarbeitung und Neuaufstellung des Gesetzes und sprach in "Österreich" sogar von einer "Scheiß-Regelung".
Innenminister Sobotka war unterdessen um Beruhigung bemüht. "Tatsache ist, dass es seit Anfang Oktober in Wien erst etwas mehr als 30 Amtshandlungen im Zusammenhang mit dem neuen Gesetz gab. Die Aufregung ist also unverständlich und eher Provokationen geschuldet", sagte Sobotka der Tageszeitung.
Für Aufsehen sorgten in den vergangenen Wochen vor allem Polizeieinsätze gegen Maskottchen, Clowns oder Bürger mit Schal im Gesicht. Zuletzt wurde etwa das Maskottchen der Demokratiewerkstatt des Parlaments bei einem Filmdreh anlässlich des Tags der offenen Tür am Nationalfeiertag vor dem Hohen Haus von der Wiener Polizei beamtshandelt.
Nur wenige der Amtshandlungen seit Inkrafttreten des Anti-Geschichtsverhüllungsgesetzes Anfang Oktober betrafen bisher hingegen Frauen mit muslimischer Gesichtsverschleierung, auf die das Gesetz eigentlich abzielt. Der Wiener Anwalt Georg Zanger will das Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz im Auftrag einer Mandantin, die wegen eines Schals im Gesicht von der Exekutive gestoppt worden war, vor den Verfassungsgerichtshof bringen und seine Aufhebung erwirken.
Der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl wies Kritik der roten Polizeigewerkschaft zurück. "Das Gesetz ist aus Sicht der Polizei natürlich exekutierbar, ich sehe hier keine gröberen Probleme und auch keinen Grund zur Aufregung. Die Beamten sind gut geschult und kennen mittlerweile auch konkrete Beispiele", erklärte Pürstl der APA.
"Die Anzahl der Amtshandlungen steht auch nicht wirklich im Verhältnis zur Aufmerksamkeit, die teilweise versucht wird, zu erreichen. So wie bei jedem Gesetz, das von der Theorie in die Praxis kommt, kann es zu Beginn zu kleineren Missverständnissen kommen. Das sollte man aber sachlich und unaufgeregt betrachten", reagierte Pürstl auf die Kritik Greylingers.
Zu den jüngsten Amtshandlungen in Fällen von Maskottchen, etwa gegen jenes der Demokratiewerkstatt des Parlaments, meinte Pürstl, dass die Polizei "absolut richtig" reagiert habe. "In Fällen, wo Kostüme getragen werden, kommt es zu einer kurzen Ansprache und Identitätsfeststellung. Wenn es sich um die Ausübung eines Berufes handelt, gibt es keinerlei Probleme", so Pürstl.
Kritischer sieht der Polizeipräsident Spaßanrufe wie etwa jenen um ein Hai-Maskottchen eines Computer-Handelsunternehmens. "Die Polizei zu rufen, um Aufmerksamkeit zu erreichen, ist insofern problematisch, als die Beamten bei wirklich bedrohlichen Einsätzen fehlen könnten. Die Bevölkerung weiß, dass die Beamten im Falle eines Anrufs auch kommen, das sollte man nicht bewusst missbrauchen", betonte Pürstl.