Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat ÖVP-Chef Sebastian Kurz heute Freitag wie erwartet den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Van der Bellen empfing Kurz in seinen Amtsräumen in der Hofburg.
"Aufgrund des Wahlergebnisses betraue ich Sie, sehr geehrter Herr Außenminister und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz, als Vorsitzenden der stimmenstärksten Partei, mit der Erstattung von Vorschlägen für die Bildung einer neuen Bundesregierung", sagte Van der Bellen nach einem Gespräch mit Kurz, das etwa eine Dreiviertelstunde dauerte. Der Bundespräsident erklärte, er erwarte sich, dass Österreich auch in Zukunft im Herzen und im Zentrum der Europäischen Union bleiben müsse. Van der Bellen verwies dabei auch auf Österreichs EU-Ratsvorsitz im kommenden Jahr.
Van der Bellen beauftragte Kurz mit Regierungsbildung
ÖVP-Chef Kurz erklärte, er nehme den Regierungsauftrag "gerne an", werde nun mit allen im Parlament vertretenen Parteien Gespräche führen. Danach möchte er in konkrete Regierungsverhandlungen mit den größeren Parteien, also mit SPÖ und FPÖ, treten. In einer potentiellen neuen Bundesregierung brauche es ein besseres Miteinander als zuletzt. Noch heute trifft sich Kurz zu ersten Sondierungsgesprächen mit NEOS-Obmann Matthias Strolz.
In den kommenden Tagen und Wochen solle es zwischen ihm und Sebastian Kurz einen regen Austausch geben, erklärt Van der Bellen. Die personellen Vorschläge von Kurz werde er sich sehr genau anschauen.
Geschichte verlief auch anders
Die Geschichte zeigt allerdings, dass so ein Auftrag auch scheitern kann. Viktor Klima hatte 1999 als Chef der stimmenstärksten SPÖ den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten. Die Gespräche mit der ÖVP führten auch zu einem Ergebnis, dem die Gewerkschaft aber ihre Zustimmung verweigerte. Wolfgang Schüssel, der Drittgereihte, schloss mit den Freiheitlichen ab und stieg selbst ins Kanzleramt auf. Der Bundespräsident reagierte unfroh, konnte aber die Angelobung des Kabinetts nicht vermeiden. Lediglich die Namen zweier Freiheitlicher strich er von der Ministerliste. Eine Präambel sollte die ungeliebte Koalition im Zaum halten.
Auftrag allein hilft nicht weiter
Die von Van der Bellen im Vorfeld angedeutete Möglichkeit, eine der schwächeren Parteien zu betrauen, hätte vor allem eine Schwäche: Im Parlament hilft der Auftrag allein nicht weiter, dort braucht jede Regierung eine Mehrheit. Wie die zustande kommt, mit oder ohne Segen des Bundespräsidenten, ist letztlich gleichgültig.
So ist der heutige Akt der Betrauung zwar feierlich und wichtig, aber letztlich politisch sekundär. Entscheidend ist, was nachher folgt: die Suche nach einem Partner und einem gemeinsamen Programm für die nächsten fünf Jahre.