Die SPÖ ist bereit, in Koalitionsverhandlungen mit ÖVP und FPÖ einzutreten. Das machte Parteichef Christian Kern vor dem Parteipräsidium klar. Basis für die Gespräche würden Kriterienkatalog und Wertekompass sein, die bereits vor der Wahl fixiert worden waren. Während Gewerkschaft und Bundesländer den Kanzler in dieser Frage unterstützten, bremste Wiens Bürgermeister Michael Häupl.
Der Stadtchef, dessen Landesorganisation am Sonntag überdurchschnittlich gut abgeschnitten hatte, verwies darauf, dass es einen aufrechten Parteitagsbeschluss gegen eine Koalition mit der FPÖ gebe. Er habe es ehrlich gesagt schon ein bisschen satt, dafür gerügt zu werden, dass er der einzige sei, der diesen auch einhalte: "Wenn wir uns selbst nicht ernst nehmen, wer soll uns dann ernst nehmen."
Diese Position teilen nicht alle. ÖGB-Präsident Erich Foglar meinte etwa, der Wiener Bürgermeister habe seine Meinung, aber es gebe genug andere, die eine andere Meinung haben. Zu diesen zählt auch der Parteichef selbst. Wohl in Richtung Häupl meinte Kern, es gebe jetzt viele Einzelmeinungen: "Zurufe von links oder rechts werden wir ignorieren."
Rote Gremien tagen: Nur Häupl a priori gegen Rot-Blau
Wohl nicht zufällig traf Kern zur Sitzung gemeinsam mit Hans Peter Doskozil, dem Vertreter des rot-blau regierten Burgenlands, ein. Dessen Landespartei hatte am Sonntag enttäuscht. Doskozil betonte freilich, man sei immer noch eines von zwei Bundesländern, das die SPÖ vorne habe. Also habe man auf hohem Niveau verloren.
Wie Kern trat Doskozil dafür ein, auf Basis des Wertekatalogs zu verhandeln. Diese Devise gab auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser aus. Freilich hält er eine schwarz-blaue Koalition für am Wahrscheinlichsten. Ebenso sieht das der steirische Landesvorsitzende Michael Schickhofer: "Der Weg in die Opposition zeichnet sich ab." Reden solle man aber mit allen.
Einig war man sich in der Partei, dass das gestrige Ergebnis, das in etwa jenem von 2013 entsprach, kein Ruhmesblatt ist. Infrastrukturminister Jörg Leichtfried meinte etwa: "Es war schon einmal lustiger." Der niederösterreichische Landeschef Franz Schnabl befand: "Es ist kein Sieg sondern eine gefühlte Niederlage." Auch Häupl hätte sich "ein besseres Ergebnis erwartet." Glücklich mit dem Rückfall auf Platz zwei war auch der Kanzler nicht. In Verzweiflung müsse man aber auch nicht ausbrechen, sei das Resultat doch respektabel, wenn man es mit anderen sozialdemokratischen Parteien in Europa vergleiche.
Nach dem Präsidium wird zu Mittag auch noch der Parteivorstand zusammentreten. Zu erwarten ist, dass einerseits Kern als Parteichef bestätigt wird und die große Mehrheit für die Aufnahme von Gesprächen mit ÖVP und FPÖ votieren wird.