Vorletztes TV-Duell vor der Nationalratswahl am Sonntag. Im ORF trafen Dienstagabend ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache aufeinander. "Sitzt hier die neue große Koalition an einem Tisch?", will Moderator Tarek Leitner gleich zu Beginn wissen. Die Diskutanten beweisen dann, dass sie nicht nur elegant miteinander umgehen. Vor allem Strache präsentiert sich relativ angriffig und tischt reihenweise Vorwürfe gegen seinen Kontrahenten auf.
"Ein sympathischer junger Mann", sagt Strache über Kurz. Dann aber genug der Freundlichkeiten. "Dramatisches Versagen im Integrationsbereich", ortet der FPÖ-Chef. "Hinter Sebastin Kurz steht eine alte ÖVP." Was folgt ist Kritik an den Kurz-Großspendern. Der ÖVP-Chef hört geduldig zu und spricht dann von einer "Verschwörungstheorie". Es folgt die beliebte Taktik: "Neuer Stil", "nicht anpatzen". Kurz verteidigt seine Unterstützer.
Orban, Merkel, Balkanroute
Strache wirft Kurz "Versagen als Integrationsminister" vor. "Der Herr Strache ist im falschen TV-Duell", sagt Kurz. "Sie reden wie mit einem Vertreter des linken Flügels der SPÖ." Der ÖVP-Chef betont, dass er in seiner Politik konsequent gewesen sei. "Integration durch Leistung" und "illegale Migration stoppen" sei ihm wichtig. Kurz verteidigt die Schließung der Balkanroute. "Das gelang damals gegen heftige Kritik in Europa." Strache wie zuletzt: "Da sind Sie noch auf dem Schoß der Frau Merkel gesessen." Die FPÖ habe Fehlentwicklungen viel früher aufgezeigt, die Grenzen seien zu spät geschlossen worden. „Da müssen wir Orban danken.“
Kurz lobt Strache zwischendurch, hätte sich aber „da und dort mehr Unterstützung“ erwartet. „Sie sind ganz gut Probleme aufzuzeigen“, bei der Umsetzung gebe es noch Luft nach oben. Geredet wird auch über den Brexit und die künftige Rolle der EU, Strache bezeichnet sich hier als „europäischer Patriot“. Beim Thema Mindestsicherung und Pensionen gibt es ähnliche Positionen, aber trotzdem Streit.
Und zum Schluss noch die „Koalitionsverhandlungen“ live on air. "Es geht nicht um Posten und Eitelkeiten", sagt Strache. "Wir wollen unsere Inhalte umsetzen." Der FPÖ-Chef will soziale Verantwortung und das Innenministerium, Kurz als Regierungschef „die Linie vorgeben“. Der ÖVP-Chef spricht von massiven Bemühungen im Hintergrund, eine "rot-blaue Regierung" umzusetzen. "Auch wenn ich am ersten Platz lande", sagt Kurz. Strache: "Schließen Sie einen schwarz-roten Pakt aus. Sie wollen die Menschen täuschen." Morgen Abend trifft Sebastian Kurz dann auf SPÖ-Chef Christian Kern.
DAS DUELL ZUM NACHLESEN
21.02 Uhr - Wer wird Minister?
Jetzt streiten die beiden, wer was umsetzen kann. Verständlich ist das Ganze nicht mehr. Wildes Durcheinander. Moderator Leitner hat alle Hände voll zu tun wieder Disziplin herzustellen. Der Blick in die Zukunft. "Persönlichkeit und Autorität" sei wichtig als Bundeskanzler, sagt Strache. Eine Richtlinienkompetenz, wie Kurz sie sich wünscht, bezeichnet er als unnötig und "absurd". Kurz ist anderer Meinung: "Der Regierungschef soll die Linie vorgeben." Zum Abschluss noch Verhandlungen um Ministerposten. "Es geht nicht um Posten und Eitelkeiten", sagt Strache. "Wir wollen unsere Inhalte umsetzen." Der FPÖ-Chef will soziale Verantwortung und das Innenministerium. Kurz spricht von massiven Bemühungen im Hintergrund, eine "rot-blaue" Regierung umzusetzen. "Auch wenn ich am ersten Platz lande", sagt Kurz. Strache: "Schließen Sie einen schwarz-roten Pakt aus. Sie wollen die Menschen täuschen."
20.55 Uhr - Pensionen und Mindestsicherung
Thema Pensionen. Strache sieht "keine Annäherung" und kritisiert erneut rot-schwarz. "Diese Regierung hat hunderttausende Flüchtlinge zugelassen und zahlt ihnen Mindestsicherung", sagt Strache. Der Vergleich zu Mindestpensionisten und Grundwehrdiernen. "Die hätten ein Anrecht auf Mindestsicherung." Kurz: "Das Anheben des Antrittsalters ist derzeit kein Thema", sagt der ÖVP-Chef. Er lobt das oberösterreichische (schwarz-blau) Modell bei der Mindestsicherung und will dieses österreichweit implementieren. Kleine und mittlere Pensionen sollen über der Inflation angehoben werden.
20.50 Uhr - Strache als EU-Patriot
Strache bezeichnet sich jetzt als "EU-Patrioten", kritisiert überbordende Regulierungen in der Landwirtschaft, TTIP und Ceta, und wirft ganz nebenbei dem Handel Preisabsprachen vor. Kurz begrüßt Freihandel, will aber "österreichische Standards" erhalten. "Über TTIP brauchen wir keine Volksabstimmung, das ist tot." Der EU-Ratsvorsitz Österreichs sei positiv, da könne man mitgestalten. "Sie müssen Ihre Partner in Europa überdenken", wirft Kurz dem FPÖ-Chef vor. Strache hält dagegen. "Wir wollen nicht über die Hintertür Gentechnik und Konzerne unterstützen."
20.44 Uhr - Wie schaut es mit dem Brexit aus?
Die Kritik an der Mauer vor dem Bundeskanzleramt nutzt Kurz für einen Seitenhieb auf Kanzler Kern. Und gleich wieder zurück zum Thema Grenzen. Kurz will europäische Kooperation, Strache kritisiert Fehlentscheidungen des Außenministers. Nächstes Thema ist der Brexit. Strache will "vernünftige Verhandlungen" mit den Briten und eine künftige Kooperation ähnlich der Schweiz. "Die Briten werden nicht untergehen", ist der FPÖ-Chef überzeugt. Wie sieht es Kurz? Er berichtet von einem kürzlichen Besuch in London. Es werde schwierig sein, den Brexit abzuwickeln. Kurz: "Noch ein langer Weg." Der ÖVP-Chef glaubt nicht, dass London künftig besser dastehen werde. Auch die EU werde dadurch geschwächt. Sie solle sich künftig in Fragen wie "dunkle Pommes" zurückhalten.
20.39 Uhr - Orban, Bonzen, Vollholler
Wurden die Grenzen zu spät geschlossen? Strache ist davon überzeugt und lobt erneut Ungarns Präsident Viktor Orban. Moderator Leitner will weg aus der Vergangenheit, Strache lässt sich nicht stoppen. Und auch Kurz kommt zurück auf die Schließung der Balkanroute. Er lobt sein Netzwerk am Balkan und den Rückgang der Flüchtlingszahlen. Wie geht es weiter? Kurz will die Grenzkontrollen innerhalb Europas verlängern, das Mandat der Grenzschutzagentur Frontex verlängern und die illegale Migration nach Europa stoppen. Was antwortet Strache? "Rot-schwarzes Versagen. Keine ordentlichen Grenzkontrollen." Und dann kommt auch noch die "Bonzenschutzmauer" und der "Poller Vollholler".
20.34 Uhr - Balkanroute und Merkels Schoß
Strache wirft Kurz "Versagen als Integrationsminister" vor. "Der Herr Strache ist im falschen TV-Duell", sagt Kurz. "Sie reden wie mit einem Vertreter des linken Flügels der SPÖ." Der ÖVP-Chef betont, dass er in seiner Politik konsequent war. "Integration durch Leistung" und "illegale Migration stoppen" sei ihm wichtig. Was darf nicht fehlen? Genau, die Schließung der Balkanroute, die Kurz verteidigt. "Das gelang damals gegen heftige Kritik in Europa." Strache wie zuletzt: "Da sind Sie noch auf dem Schoß der Frau Merkel gesessen."
20.29 Uhr - Das erste Taferl
Kurz darf jetzt über sein Lieblingsthema Migration sprechen. Er berichtet über Schwierigkeiten in der Koalition. "Herr Strache war oft früh dran, Themen aufzuzeigen. Aber ich hätte mir auch von der FPÖ Unterstützung erwartet. Sie haben keine Lösungen präsentiert", sagt Kurz. Strache hätte sich im Jahr 2015 Unterstützung erwartet. "Da müssen wir uns bei Orban bedanken." Und dann das erste Taferl: "Der Islam gehört zu Österreich." Eine Aussage von Kurz, die von der FPÖ auch plakatiert wird. Weitere Vorwürfe: Die Intelligenz der Flüchtlinge, zum islamischen Opferfest gratulieren. "Das ist nicht mein Integrationsverständnis", sagt Strache.
20.25 Uhr - Großspender
Strache heute als Aufdecker unterwegs: Er berichtet von einem ÖVP-Großspender in dubiosen Netzwerken von Millionären und hinterfragt die Aktivitäten von Immobilienunternehmer Georg Muzicant in einer Firma mit der Gattin von Kanzler Christian Kern. Kurz hört geduldig zu und spricht dann von einer "Verschwörungstheorie". Es folgt die beliebte Taktik: "Neuer Stil", "nicht anpatzen". Kurz verteidigt seine Unterstützer. "Die Menschen haben diesen Stil satt." Strache sieht "rot-schwarze" Geschäftsverbindungen und damit verbundene Erwartungshaltungen.
20.20 Uhr - Lob und Kritik
"Sitzt hier die neue große Koalition an einem Tisch?", will Moderator Tarek Leitner gleich zu Beginn wissen. Kurz betont "Sachpolitik" und eine "ordentliche Gesprächsbasis". Das Ergebnis der Wahl wisse niemand. "Ein sympathischer junger Mann", so Strache über Kurz. Dann aber genug der Freundlichkeiten. "Dramatisches Versagen im Integrationsbereich", ortet der FPÖ-Chef. "Hinter Sebastin Kurz steht eine alte ÖVP." Es werde kein Kanzler direkt gewählt, betont Strache. Und dann gleich die Sache mit den Großspendern. Hier gebe es Vernetzungen und Erwartungshaltungen, sagt der FPÖ-Chef.
20.15 Uhr - Ein Ende ist in Sicht
Die letzten Meter des TV-Marathon. Heute Kurz gegen Strache, morgen noch Kurz gegen Kern, am Donnerstag die Elefantenrunde. Die Spitzenkandidaten wollen noch einmal ihre Fans mobilisieren.
Die Ausgangslage
Das Aufeinandertreffen von ÖVP-Chef Sebastian Kurz mit FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache ist am Sonntagabend auf "Puls 4" vergleichsweise friedlich abgelaufen. Inhaltlich waren sich beide über weite Strecken einig. Dennoch unterstellte Strache dem ÖVP-Chef, in Wahrheit eine schwarz-rote Koalition anzustreben, Kurz warnte vor Rot-Blau. Heute geht es mit dem ORF-Duell weiter. Moderator ist Tarek Leitner.