Die Spitzenkandidaten der fünf Parlamentsparteien SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und Neos sowie der Liste Pilz stellten sich in unseren Wahlsalons aktuellen Themen, gaben aber auch Einblick in ihre Persönlichkeit und Vergangenheit. Immer mit dabei: Mitglieder der "Jungen Jury" und Experten, die die Kandidaten mit kontroversen Positionen konfrontierten.
"Mittendrin in der Heimat" mit Heinz-Christian Strache
Den Anfang machte Heinz-Christian Strache von der FPÖ. "Mittendrin im Grenzland" fand am 2. September im Kulturhaus Knittelfeld statt, wo die Blauen 2002 die Koalition mit der ÖVP unter Wolfgang Schüssel aufgekündigt hatten. Jörg Haider hatte danach das BZÖ gegründet. Im Wahlsalon reflektierte Strache über dieses Ereignis, das für ihn der bitterste Moment seiner Politikerlaufbahn war.
Neues erfuhren die Leserinnen und Leser über Straches Kindheit: Sein Vater verließ die Familie früh und wollte keine Beziehung zu seinem Sohn, aber seiner Mutter verdanke er es, trotzdem auf eine schöne Kindheit zurückzublicken, wie der FPÖ-Chef sagte.
Zu Gast war Fred Ohenhen, Experte für interkulturelle Bildungsarbeit in Kindergärten und Schulen. Er sprach mit Strache über das Hauptthema der Veranstaltung, die Heimat. Für Strache ist das: "Dort, wo meine Familie ist. Wo ich zur Welt gekommen bin."
"Mittendrin in Europa" mit Ulrike Lunacek
"Mittendrin in Europa" war am 16. September mittendrin in Villach, und zwar im Audimax der Fachhochschule Kärnten. Die Grüne Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek betonte dort, unweit der Grenzen zu Slowenien und Italien, ihre Ablehnung gegenüber Grenzkontrollen im Schengenraum.
Sie kritisierte Österreichs schlechte Position in der EU beim Kohlendioxid-Ausstoß. Die Grünen wollen deshalb eine Ökosteuer einführen, also Benzin und Diesel gleich hoch besteuern. Beim Thema Steuern auf Vermögen und Erbschaften entstand eine lebhafte Diskussion mit dem als Experte geladenen Robert Kanduth, Gründer und Geschäftsführer von GreenoneTec Solarindustrie.
"Mittendrin in der Ausbildung" mit Matthias Strolz
Das Herzensthema der Neos, die Bildung, stand im Mittelpunkt des Wahlsalons mit dem pinken Spitzenkandidaten Matthias Strolz an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, wo er einst seine Doktorarbeit geschrieben hat. Er kündigte an, nach der Wahl der "Tempomacher" sein zu wollen. In die Regierung würde Strolz gerne, aber nur wenn seine Bildungsreform mit freiwilligen Ganztagsschulen und Mittlerer Reife umgesetzt würde. Über Verbesserungen im Schulsystem sprach er mit Oliver Vitouch, dem Rektor der Uni.
Auch die Senkung der Steuer- und Abgabenquote auf 39 Prozent, eine Pensionsreform und das Bekenntnis zu Europa sind pinke Koalitionsbedingungen.
Und der Mensch Matthias Strolz? Da war etwa zu erfahren, dass er auf einem Bergbauernhof aufgewachsen ist und dort das Anpacken gelernt hat, weshalb für die Strapazen des Wahlkampfs gut gerüstet sei.
"Mittendrin in einem sicheren Leben" mit Peter Pilz
Mit Peter Pilz ging es in die Musikschule Kapfenberg, ein Heimspiel für den Ex-Grünen, der in dieser Stadt aufgewachsen ist. Er erinnerte sich an seine mäßigen Erfolge beim Geigenspielen und dass er immer lieber mit seinen Freunden Völkerball gespielt hätte. Sein Hauptanliegen formulierte Pilz so: "Die große Frage, die über unsere Zukunft entscheidet, ist die Frage nach der Gerechtigkeit".
Ausführlich besprochen wurde das umstrittene "Österreich zuerst"-Papier von Pilz, das kurz zuvor an die Öffentlichkeit geraten war und sich mit der Flüchtlingspolitik beschäftigt. Pilz erklärte, er wolle eine pragmatische Lösung. Man solle gut vorbereitete Menschen legal nach Österreich holen.
Mit dem Militär- und Sicherheitsexperten Gerald Karner diskutierte Pilz über die Causa Eurofighter und allgemein über Sicherheitspolitik. Es ging auch um das Zerwürfnis mit den Grünen und um Pilz' Pläne für die Zeit nach der Wahl: Er wolle ein "Gegenpol zur Regierung" werden.
"Mittendrin in der Arbeitswelt" mit Christian Kern
Bundeskanzler Christian Kern war am 25. September in der GREENoneTEC-Halle St. Veit in Kärnten zu Gast, "Mittendrin in der Arbeitswelt" zwischen den Regalsäulen des Solarunternehmens. In Kärnten hat Kern seinen Freizeit-Wohnsitz. Im Wahlkampf bleibt für Aufenthalte dort freilich kaum Zeit.
Das Gespräch drehte sich etwa um das Pensions- und das Sozialversicherungssystem. Als Experte hatte dabei Franz Schellhorn, Direktor der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria, einiges mitzureden. Das Pensionssystem hält im Gegensatz zum Kanzler nicht für gesichert. Kern betonte wiederum seiner Forderung nach einer Wertschöfpungsabgabe.
"Mittendrin im Grenzland" mit Sebastian Kurz
In einem Zelt im Grenzmanagement Spielfeld wurde am 6. Oktober ÖVP-Chef Sebastian Kurz auf die Bühne gebeten - an dem Ort, der seit Herbst 2015 symbolisch für die Flüchtlingspolitik steht, die Kurz umkrempeln möchte. Zu Gast war Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International. Vorerst will Kurz die illegale Migration stoppen und die bereits in Österreich lebenden Flüchtlinge integrieren, erklärte er. Deshalb konnte er Patzelt auch noch nicht sagen, wie viele Menschen er sich vorstellen kann, in Zukunft aufzunehmen.
Ein brisantes Thema war die Causa Silberstein, wobei Kurz massive Vorwürfe an die SPÖ richtete. Bei persönlichen Fragen der "Jungen Jury" gab er sich hingegen eher zurückhaltend. Er erzählte ein wenig über seine Kindheit und meinte, sein Arbeitspensum sei außerhalb des Wahlkampfs genauso groß, er freue sich aber auf die Rückkehr zur Sachpolitik.
Die Diskussionen zum Nachschauen
Wer angesichts der in wenigen Tagen bevorstehenden Wahl noch unentschlossen ist, kann sich immer noch ein umfassendes Bild von den Spitzenkandidaten machen. Alle Diskussionen gibt es hier zum Nachsehen:
Sarah Helmanseder