Die letzte Sitzung des Nationalrats vor der Wahl könnte noch einige Beschlüsse bringen. Neben der ohnehin schon fixen Pensionsanpassung und der Angleichung der Rechte von Arbeitern und Angestellten wurden am Mittwoch bei der Sondersitzung des Nationalrats einige weitere Gesetze auf den Weg gebracht.
Technisch geht es hier um Anträge, die mit einer Fristsetzung versehen wurden und damit noch problemlos bei der Sitzung am 12. Oktober beschlossen werden können. Dabei geht es etwa darum, dass Lehrlingen die Internatskosten vom Insolvenzentgeltfonds übernommen werden sollen.
Ebenfalls eine Mehrheit fand ein weiterer SPÖ-Antrag diesmal zur Behindertenpolitik, der unter anderem 90 Millionen Euro für Maßnahmen der beruflichen Inklusion vorsieht. Auch ziemlich fix noch verabschiedet wird eine Vorlage, wonach Rettungsdienste in Zukunft weiter als Einsatzbereich des Freiwilligen Sozialjahres dienen können.
Verbot von Bankomatgebühren?
Schließlich kam die SPÖ noch mit einem Antrag durch, der Bankomat-Gebühren einschränkt. Diese sollen nur noch möglich sein, wenn alternativ eine pauschale Kontovariante angeboten wird. Alle Fraktionen stimmten für einen Grünen Entschließungsantrag, der eine Informationspflicht der Staatsanwaltschaft an die Bezirksverwaltungsbehörden über Strafverfahren, die im Zusammenhang mit Übergriffen in Alten-, Pflege- oder sonstigen öffentlichen Betreuungseinrichtungen stehen, verlangt.
Bisher unüblich war, dass auch die ÖVP aktiv mit anderen Parteien gegen den vormaligen Koalitionspartner stimmt. Diesmal war es der Fall, als es um die Etablierung einer Schuldenbremse in der Verfassung ging. Der Antrag wurde gemeinsam von Volkspartei, NEOS und FPÖ getragen und fand damit bezüglich der Fristsetzung eine Mehrheit. Im Plenum dürfte er letztlich aber scheitern, da gegen SPÖ und Grüne die notwendige Verfassungsmehrheit nicht zu erreichen ist.
Noch in der Schwebe befinden sich die Anträge zum Unterhaltsvorschuss. Die Fristsetzung zur Initiative der Freiheitlichen fand keine Mehrheit und SPÖ und ÖVP ließen ihre Anträge nicht abstimmen. Gescheitert ist die Sache dennoch nicht, denn man versucht noch einen Familienausschuss zusammenzubekommen, in dessen Rahmen man bei der Materie eine Verständigung erzielen könnte.
Der "Dringliche Antrag" der Grünen für eine OECD-Länderprüfung des österreichischen Bildungssystems, der Grund für die Sondersitzung war, hat keine Mehrheit gefunden. Bei der Sondersitzung des Nationalrats stimmten bloß der Grüne Klub sowie zwei der zur Liste Pilz gewechselten Ex-Grünen für das Anliegen.
Warnung vor Wahlkampfzuckerln wie 2008
Dass die heutige Sitzung jedoch auch für Wahlkampf-Geplänkel genutzt wird, steht außer Frage. Mehr als Zankereien soll es aber nicht geben, mahnt Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). Bis zum 15. Oktober sollen keine Wahlzuckerln verteilt werden.
"Sie hinterlassen mit diesen Entscheidungen einen budgetären Scherbenhaufen", kritisierte Schelling. SP-Klubchef Andreas Schieder und der Grüne Werner Kogler wiesen das heftig zurück, FP-Finanzsprecher Hubert Fuchs hält Schelling für unglaubwürdig.
Schelling erinnerte an die berühmt-berüchtigte Vorwahlsitzung vom 24. September 2008 und die noch immer nachwirkenden Milliardenkosten. Damals hätten alle Parteien gesagt "nie wieder" - daran gehalten hätten sie sich aber nicht. "Beschließen wir hier im Hohen Haus nicht in letzter Minute Wahlzuckerl, die in der Wahlauseinandersetzung nicht helfen, aber auf viele Jahre Kosten verursachen", appellierte Schelling. Er forderte eine "Schuldenbremse" in der Verfassung und ein Verbot budgetbelastender Beschlüsse nach Auflösung des Nationalrats.
Heftige Kritik an Schelling für seine Warnung
Von SP-Klubchef Schieder holte sich der Minister dafür einen heftigen Rüffel. Er werde sich nicht gefallen lassen, dass Schelling den Abgeordneten die parlamentarischen Rechte erkläre: "Es ist nicht Aufgabe des Finanzministers, über die Verfassung drüberzuspringen und alle für blöd zu verkaufen." Schieder warnte vor Pensions- und Sozialkürzungen mit einer schwarz-blauen Koalition nach der Wahl und kritisierte den Vorschlag der ÖVP zum Unterhaltsvorschuss: "Im Fernsehen hält der Sebastian Kurz das 'Ja'-Taferl auf und was schlägt er jetzt vor? Dass man es nur macht, wenn man auf sein ganzes Vermögen verzichtet."
FP-Finanzsprecher Fuchs kritisierte die "Märchenstunde" des Finanzministers und hält Schelling für unglaubwürdig: "Wo waren denn Ihre mahnenden Worte, als die Bundesregierung im Rahmen der Flüchtlingskrise das Geld abgeschafft hat?" Allein 2017 habe die Regierung 1,7 Mrd. Euro für die Flüchtlingskrise "in die Luft geblasen". "Verantwortung für Steuermittel muss man auch in Vorwahlzeiten, nicht nur in Wahlkampfzeiten zeigen", so Fuchs.
Grünen-Budgetsprecher Kogler wies Schelling ebenfalls scharf in die Schranken: Natürlich dürfe sich ein Minister im Parlament erklären, so Kogler: "Aber ich bin mir nicht sicher, ob der Verfassungsgesetzgeber vorausgesehen hat, dass sich hier Minister ins Parlament begeben und dem Parlament erklären, dass es gefälligst die Pappen halten soll." Kogler hätte sich ohnehin lieber eine Warnung zu den Steuersenkungsplänen von VP-Chef Kurz gewünscht. Der verweigere jede Erklärung im Parlament: "Aber im Fernsehen erklärt er dann Steuersenkungen ohne Gegenfinanzierung, da regt sich keiner auf in der ÖVP."
Unterstützung aus Vorarlberg
Unterstützung für Schelling kommt von Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Er warnt vor einer "Casino-Mentalität" im Nationalrat. Der Beschluss von Gesetzen ohne entsprechende Begutachtung, Verhandlungen und klare Gegenfinanzierung sei abzulehnen. Wallner verwies dabei auf die "Verpflichtung gegenüber dem Steuerzahler und zukünftiger Generationen".