Bei der Sondersitzung des Nationalrats stimmten bloß der Grüne Klub sowie zwei der zur Liste Pilz gewechselten Ex-Grünen für das Anliegen. Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) hatte sich zuvor von einer neuen Studie wenig begeistert gezeigt.
In der Begründung der Initiative der Grünen wurde darauf hingewiesen, dass die Bildungserfolge in Österreich gemäß verschiedenen Studien immer noch stark vom Elternhaus abhängen würden. Daher sollte eine OECD-Prüfung Maßnahmen herleiten, die zur Verbesserung der Chancengerechtigkeit und zur Hebung des allgemeinen Bildungsniveaus führen. Einen besonderen Fokus wollten die Grünen auf die Sekundarstufe eins und das Polytechnikum richten.
Zu bemängeln am Ist-Zustand hatten Bildungssprecher Harald Walser und Kollegen so einiges. Aus ihrer Sicht wird ein "veraltetes Bildungssystem krampfhaft aufrecht erhalten".
Schon beim Kindergarten läuft nach Grüner Darstellung so manches schief. Vermisst wird etwa die Umsetzung des verpflichtenden zweiten Kindergartenjahrs. Ebenfalls kritisiert wird, dass Kinder mit Behinderungen keinen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz haben, da sie nicht der Kindergartenpflicht unterliegen. Weiters angeprangert wird, dass die Öffnungszeiten vor allem in einzelnen Ländern nicht ausreichend seien. Dazu gebe es nicht genug Betreuungspersonal.
Lücken sehen die Grünen auch später bei der Ganztagesbetreuung, etwa dadurch, dass Arbeitslose und Asylwerber oft keinen Zugang dazu bekämen. Das vertiefe die Bildungskluft weiter, glauben die Grünen. Sie beklagen auch eine "Privatisierung der Bildung", würden Eltern mit entsprechendem Einkommen doch auf Privatschulen setzen und könnten sich auch Nachhilfe für ihre Kinder leisten.
Nötig sei es daher, aus dem bildungspolitischen Patt herauszukommen. Was es brauche, seien klare Anleitungen und Handlungsempfehlungen.
"Noch eine Studie? Ich weiß nicht", wenig Begeisterung hat Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) in ihrer Beantwortung gegenüber dem "Dringlichen Antrag" der Grünen zu einer Länderprüfung des Bildungssystems durch die OECD gezeigt. Denn eine "Unzahl" an Studien speziell der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung läge am Tisch. Man müsse nur die Ergebnisse umsetzen.
Dabei warb Hammerschmid für ein parteiübergreifendes Handeln im Sinne der Kinder. Schon jetzt habe man aber mit der erst jüngst beschlossenen Bildungsreform einiges bewegt. Die Ministerin verteidigte dabei etwa die Bildungsdirektionen, auch wenn sie selbst hier weitergehende Schritte gesetzt hätte.
Zudem werde den Schulen nun viel mehr Gestaltungsfreiraum gegeben. Schulleiter würden ermächtigt, ihre Lehrer auszusuchen. Hervorgehoben wurde die Bedeutung eines Chancenindex für Schulen mit schwierigen Umständen. Zudem pochte Hammerschmid auf den Ausbau der Ganztagsschule. Denn in dieser bleibe Zeit, Talente besonders zu fördern. Über die Einbindung von Musik- und Sportvereinen werde noch dazu ein breites Angebot für die Schüler geschaffen.
Der Wunsch der Grünen nach einer umfassenden OECD-Studie zum heimischen Bildungssystem ist in der Debatte generell auf Ablehnung gestoßen. "Wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann beauftrage ich die OECD mit einer weiteren teuren Studie, anstatt endlich Lösungen anzubieten", kritisierte VP-Mandatar Asdin El Habassi. NEOS-Chef Matthias Strolz hielt den Grünen ihre Zustimmung zur Bildungsreform vor.
El Habassi plädierte für Deutschklassen vor dem Regelunterricht und Konzentration auf "Grundkompetenzen". Grünen-Klubchef Albert Steinhauser wies das zurück: "Es geht nicht um eine weitere Studie, es geht um das Durchbrechen der Reformblockade."
Für die FPÖ kritisierte Wendelin Mölzer die "verfehlte Bildungspolitik der Sozialisten". Wenn die SPÖ in Wien seit 70 Jahren regiere und jedes fünfte Kind in Privatschulen gehe, dann laufe etwas falsch.
NEOS-Chef Strolz kritisierte die Grünen für ihre Zustimmung zur Bildungsreform. Damit hätten sie den "Steigbügelhalter" für die Landeshauptleute gemacht, die sich auch in Zukunft weiter um die Schulen kümmern dürften. Ihnen gehe es aber um 6.000 Direktoren und 125.000 Lehrerposten: "Auf die Kinder wird gepfiffen, die sind maximal sekundär."
Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) warnte den Nationalrat davor, bis 15. Oktober Wahlzuckerl zu verteilen. "Sie hinterlassen mit diesen Entscheidungen einen budgetären Scherbenhaufen", kritisierte Schelling. Schelling erinnerte an die berühmt-berüchtigte Vorwahlsitzung vom 24. September 2008 und die noch immer nachwirkenden Milliardenkosten. Damals hätten alle Parteien gesagt "nie wieder" - daran gehalten hätten sie sich aber nicht. "Beschließen wir hier im Hohen Haus nicht in letzter Minute Wahlzuckerl, die in der Wahlauseinandersetzung nicht helfen, aber auf viele Jahre Kosten verursachen", appellierte Schelling. Er forderte eine "Schuldenbremse" in der Verfassung und ein Verbot budgetbelastender Beschlüsse nach Auflösung des Nationalrats.