Österreich wird auf EU-Ebene künftig gegen eine Verlängerung der Zulassung des umstrittenen Pestizids Glyphosat stimmen. Ein entsprechender Beschluss wurde auf Initiative der Grünen am Dienstag im EU-Unterausschuss des Parlaments gefasst. SPÖ und FPÖ schlossen sich dem Antrag der Grünen an, ÖVP und NEOS sprachen sich dagegen aus.
Die EU wird voraussichtlich im November über die Verlängerung der Zulassung um zehn Jahre abstimmen. Glyphosat steht in Verdacht, möglicherweise Krebs auszulösen, wissenschaftlich geklärt ist die Frage allerdings nicht - trotz eines enormen Volumens von Untersuchungen zu diesem Thema, die mehrheitlich von keinem derartigen Risiko ausgehen. Zweier Lastwagen hätte es bedurft, um alle Studien zu transportieren, schilderte ein Mitarbeiter der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit), der als Experte in den Unterausschuss geladen war und ursprünglich gebeten worden war, alle Unterlagen mitzubringen.
Die Grünen beriefen sich auf das in der EU und damit auch in Österreich geltende Vorsorgeprinzip - vereinfacht ausgedrückt: Solange nicht klar ist, dass Glyphosat unschädlich ist, darf das Mittel nicht verwendet werden. Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber erklärte, dass es sich bei vielen Untersuchungen um Konzernstudien handle, hinter denen massive wirtschaftliche Interessen stünden.
Der im EU-Unterausschuss getroffene Beschluss bindet Landwirtschaftsminister - über die Legislaturperiode hinaus - auf EU-Ebene gegen die Verlängerung der Zulassung zu stimmen. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) wies neuerlich darauf hin, dass Österreich bei der kommenden Abstimmung ohnehin nicht für die Zulassung stimmen werde, da die EU-Kommission schon 2016 von der AGES dafür formulierte Bedingungen bisher nicht berücksichtige. "Es soll die Ablehnung eines Vorschlags beschlossen werden, dem Österreich ohnehin nicht zugestimmt hätte", hielt er in der Diskussion fest. Er warf Grünen, SPÖ und FPÖ den Versuch vor, im Wahlkampf aus einem sensiblen Thema Kleingeld zu schlagen. Diese Anschuldigung wiesen die Grünen zurück und argumentierten, dass sie sich bereits seit 2011 für ein Verbot von Glyphosat einsetzen.
Glücklich mit dem Abstimmungsergebnis ist die Umweltorganisation Global 2000. Deren Chemiker Helmut Burtscher-Schaden sprach von einem "strahlenden Sieg der Vernunft". "Österreich kann jetzt auf europäischer Ebene Allianzen suchen mit Ländern wie Frankreich, Italien oder Schweden", erklärte er in einer Aussendung.
Als "Fehlentscheidung mit langfristigen, dramatischen Auswirkungen" bezeichnet der Obmann der IndustrieGruppe Pflanzenschutz (IGP), Christian Stockmar, das Ergebnis. "3.300 Studien mit insgesamt rund 90.000 Seiten einfach unter den Tisch zu kehren, zeugt von einem tiefen Misstrauen gegenüber der Wissenschaft. Gleichzeitig führt das zu einem wirtschaftlichen Schaden für die Landwirtschaft, der sich europaweit allein bei den Umsatzeinbußen mit elf Milliarden Euro pro Jahr beziffern lässt", erklärte der Interessenvertreter der heimischen Pflanzenschutzmittelproduzenten.